Nach 20 Jahren

Leitl räumt WKÖ-Präsidentensessel

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Harald Mahrer folgt ihm nach. Leitl geht der Öffentlichkeit aber nicht ganz verloren.

Christoph Leitl (rechts), quasi die österreichische Sozialpartnerschaft in Person, tritt nach 20 Jahren als Präsident der Wirtschaftskammer (WKÖ) ab. Am Freitag, nach der Wahl im Wirtschaftsparlament, überlässt das 69 Jahre alte ÖVP-Urgestein den Präsidentensessel der Wirtschaftskammer (WKÖ) Harald Mahrer (links), der Leitl auch schon als Chef des ÖVP-Wirtschaftsbundes nachgefolgt ist.

Der ÖVP-Bund hat den WKÖ-Chefsessel als stärkste Fraktion bei den Unternehmern praktisch gepachtet, einer Wahl des Wirtschaftsbundchefs zum WKÖ-Präsidenten steht dank einer knappen Zwei-Drittel-Mehrheit also nichts im Wege.

Leitls Mandat wäre noch bis 2020 gelaufen, die Nachfolge regelte er aber rascher. Der Oberösterreicher Leitl heftet sich jedenfalls einige Reformen der alt-ehrwürdigen Wirtschaftskammer auf die Fahnen.

Zeitpunkt fast schicksalhaft 

Dass just jetzt - wie schon bei seinem Amtsantritt im Jahr 2000 - der Sozialpartnerschaft wieder einmal ein härterer Gegenwind entgegen bläst, könnte man als schicksalhaft einschätzen. Im Jahr 2000 kam Schwarz-Blau an die Macht. Die Neuauflage dieser Koalition fordert nun Einsparungen bei den Sozialpartnern. Leitl sagte zuletzt über die Sozialpartnerschaft in einem Gespräch mit der APA: "Nicht alles was wir machen, machen wir deppert. Wir machen sehr viel vernünftig."

Leitl kann als Optimist in Person bezeichnet werden. Ihm gefiel der Wahlkampf-Slogan "Yes we can" von Barack Obama. Jenen von Donald Trump modelte er in "Make Austria great again" um, was ihm auch etwas Häme einbrachte - auch wenn der Europa-Verfechter damit Europa mit gemeint hatte. Gerne beantwortet Leitl Fragen zu schwieriger Konjunktur, Gegenfinanzierungen bei Kammereinsparungen für die Mitglieder und Ähnliches so: "Als Unternehmer muss man immer zuversichtlich sein, sonst hat man seinen Job verfehlt."

Sogar seinen wohl negativsten und besonders berühmten Sager - "Österreich ist abgesandelt" - wandelte Leitl zuletzt ins Positive: Er würde Österreich nicht mehr als abgesandelt bezeichnen, sondern diesen Slogan vorgeben: "Jetzt aufgeigen!".

Unternehmer, Politiker, Kammerreformer und Europaverfechter

Der 68 Jahre alte Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften war von 1977 bis 1990 Geschäftsführer im Familienunternehmen Bauhütte Leitl-Werke Ges.m.b.H in seiner oberösterreichischen Heimat, konkret in Eferding, mit 300 Beschäftigten. Dann stieg Leitl, der 1979 auch einmal einem Entführungsversuch entging, in die Politik ein. Von 1990 bis 1995 war Leitl Abgeordneter zum oberösterreichischen Landtag und von 1995 bis 2000 Wirtschaftslandesrat seines Heimatbundeslandes - als solcher legte er einige ausgeglichene Landesbudgets vor. Von 1995 bis 2000 war er zudem Landeshauptmannstellvertreter. 1999 wurde er Präsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes und als solcher im Jahr 2000 - nach gewonnener Kampfabstimmung - Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Leitl gilt auch als "dankbarer" Gesprächspartner für Journalisten. Das bringt ihm meist eine "gute Presse", worum ihn viele Politiker beneiden. Dafür muss er aber oft auch in der Freizeit für Interviews am Handy herhalten. Vielleicht bleibt das - etwas abgeschwächt - auch weiterhin so. Leitl wäre nicht Leitl, wenn er sich in den Ruhestand verabschieden würde (Sein Leitsatz dazu: "Ein Unternehmer geht nie in Pension") und bleibt noch einige Zeit Chef der Europäischen Wirtschaftskammern (Eurochambres). Zu Europathemen ist also weiterhin mit Wortmeldungen des motivierten Oberösterreichers zu rechnen.

Familienmensch

Rund um die Eurochambres-Tätigkeit hofft Leitl unter anderem auf Synergien mit dem österreichischen EU-Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2018. Übrigens: Leitl ist auch Vorsitzender der globalen Kammerplattform Global Chamber Platform.

In der WKÖ sorgte er gleich nach seinem Einstieg für eine Absenkung der Mitgliedsbeiträge; erst im Vorjahr wurde die nächste, die ab 2019 gilt, organisiert. Das stieß in einigen Länderkammern allerdings auf Kritik. Die Reform der Gewerbeordnung 2017 wird gemeinhin nicht als großer Wurf gesehen.

Leitl ist verheiratet und Vater einer Tochter und eines Sohnes. In seiner Heimat in Neumarkt im Mühlkreis gartelt er gerne und geht in seiner Freizeit Fischen, Schwammerlsuchen und Wandern.

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