Mordversuch mit Fleischermesser

20-Jähriger stach 5x auf Nebenbuhler ein

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Das 23-jährige Opfer überlebte nur durch 'äußerst glückliche Umstände'.

Dramatische Szenen haben sich in der Nacht auf den 1. März des Vorjahres in Mattersburg ereignet. Ein 20-Jähriger soll im Streit fünfmal auf den neuen Partner seiner Exfreundin eingestochen haben. Der 23-Jährige erlitt lebensgefährliche Verletzungen. Der mutmaßliche Täter muss sich heute, Mittwoch, im Landesgericht Eisenstadt vor einem Geschworenensenat wegen versuchten Mordes verantworten.

Der inzwischen 21-Jährige habe eine On-off-Beziehung mit seiner Freundin geführt, "bei der es immer wieder zu Gewalt und Drohungen gekommen ist", schilderte Staatsanwältin Verena Strnad. Sie wies auf vier einschlägige Verurteilungen des Angeklagten hin, darunter auch wegen schwerer Körperverletzung und gefährlicher Drohung - "auch mit dem Tod".

"Für ihn ist Gewalt die Lösung"

Kurz nach Mitternacht habe sich der Angeklagte zum Haus seiner Exfreundin begeben, um sie zu überreden, die Beziehung wieder aufzunehmen, erläuterte Strnad. Im ersten Stock habe er die Frau und das spätere Opfer schlafend angetroffen und begonnen, den 23-Jährigen zu beschimpfen.

Im Garten kam es kurz darauf zu Handgreiflichkeiten: Während der Angeklagte den 23-Jährigen in die Wange biss, habe ihm dieser einige Faustschläge versetzt. Der 20-Jährige habe dann das Grundstück verlassen. "Für ihn ist Gewalt die Lösung für jede konfliktbelastete Situation", zeichnete die Anklägerin ein Charakterbild: "Eine Schlägerei war für ihn erst dann beendet, wenn der Gegner am Boden liegt und sich nicht mehr gewehrt hat" - das sage er selbst, meinte Strnad.

Fleischermesser geholt

Für den Angeklagten sei die Geschichte mit dem Vorfall im Garten noch nicht beendet gewesen. Der 20-Jährige sei entsetzt gewesen, dass er "einen so schmächtigen Mann" bei seiner Exfreundin vorgefunden habe. Er sei nach Hause gegangen und habe ein Fleischermesser geholt. Als der 23-Jährige und die Exfreundin ins Spital fahren wollten, begegneten sie dem 20-Jährigen. Der 23-Jährige hielt an und ging auf den Kontrahenten zu: "Schon das hat der Angeklagte als wirkliche Provokation empfunden", schilderte die Staatsanwältin.

Der 23-Jährige habe noch versucht, wegzugehen, und sei gestolpert. Da sei der Angeklagte schon hinter ihm gewesen, habe das Messer erhoben und wortlos dem Opfer fünf Stiche gegen den Kopf-, Rücken-und Schulterbereich versetzt. "Der Angeklagte nahm in Kauf, dass das Opfer sterben wird. Es war ihm egal, er hat sich damit abgefunden", sagte Strnad. Es sei "nur äußerst glücklichen Umständen zu verdanken, dass das Opfer überlebt hat."

Trennung nicht verkraftet

Die Staatsanwältin habe den Akt richtig wiedergegeben, stellte Verteidiger Nikolaus Rast fest. Mit einigen kleinen Abweichungen sei alles "so passiert wie geschildert". Sein Mandant habe die Trennung nicht verkraftet, er habe "gewusst, wo der Schlüssel ist". Zu dem Biss in die Wange des Nebenbuhlers gebe es ein "volles Geständnis".

Danach sei der 20-Jährige, der früher in einem Fleischerbetrieb in Wiener Neustadt gearbeitet hatte, nach Hause gegangen und habe "das größte Messer", das vorhanden war, genommen. Jedoch nicht, um damit das Opfer umzubringen - "das ist völlig falsch", sagte der Verteidiger.

Schon von den Rambo-Filmen wisse man, dass man nicht mit einem so großen Messer - die Tatwaffe ist laut Anklage 42,5 Zentimeter lang - in den Nahkampf gehe, nahm Rast Anleihe an den Actionfilmen der 1980er-Jahre mit Sylvester Stallone in der Hauptrolle: "Rambo hat zwar ein Messer, aber nicht so ein großes Messer", deutete er mit den Händen den Größenunterschied an. Der Angeklagte habe von seinem Kontrahenten gewusst, dass dieser MMA-Kämpfer sei - "ein Fighter, er ist kampferprobt".

Tat aus "Spontaneität heraus"

"Er wollte das Auto des Nebenbuhlers zerstören", gab er als eigentlichen Grund für die Wahl seines Mandanten bei der Stichwaffe an. Als der 23-Jährige das Auto angehalten habe, ausgestiegen und auf ihn zugegangen sei, habe sich der Angeklagte "in einem Gefühlschaos" befunden: "Es war Wut, Angst, Sorge, Verzweiflung und nach wie vor die Liebe zu seiner Freundin", schilderte Rast. "Er gibt die Tat an sich zu, das bereut er und das tut ihm leid."

Die Tat sei auch "nicht zu entschuldigen", sie sei jedoch "aus der Spontaneität heraus passiert". So, wie beide Kontrahenten den Hergang geschildert hätten, so könne es nicht gewesen sein, die Wahrheit dürfte "irgendwo in der Mitte" liegen.

Für die Geschworenen stelle sich die Frage, ob sein Mandant zu diesem Zeitpunkt das Messer nehmen und den Anderen töten wollte. "Es wäre ein Leichtes gewesen, das zu vollenden - aufgrund der Verletzung." Aus seiner Sicht habe sich der Angeklagte jedoch zu einer Affekthandlung hinreißen lassen.

Keine Tötungsabsicht

Im Prozess um den versuchten Mord an einem 23-Jährigen durch fünf Messerstiche hat der Angeklagte eine Tötungsabsicht bestritten: "Ich bekenne mich der Tat schuldig, aber von mir aus bestand kein Mordversuch", sagte der mittlerweile 21-Jährige vor dem Eisenstädter Geschworenensenat.

Er habe seine Exfreundin 2011 kennengelernt. Auf die Frage der vorsitzenden Richterin Birgit Falb, ob es sich um eine on-off-Beziehung gehandelt habe, antwortete er: "Kann man so sagen." "Es gab auch Drohungen mit Gewalt?", fragte Falb nach. "Leider", kam zur Antwort. Ende Jänner 2017 habe man sich schließlich getrennt. "Sie hat Fotos von Mädchen auf meinem Handy gefunden", erzählte der Angeklagte. Außerdem habe sie sich einen Job in St. Pölten gesucht.

"Das war spontan"

"Wir haben uns einfach getrennt", schilderte der 21-Jährige. "Das war meine erste Freundin." Es habe auch schöne Zeiten miteinander gegeben: "Ich habe sie halt geliebt." Am Tag vor der Tat habe er vier Joints geraucht, hielt ihm die Richterin vor: "Aus Liebeskummer. Ich habe nicht gewusst, was ich mit meinem Leben anfangen soll", sagte der 21-Jährige. Er habe sich "mit Drogen betäuben" wollen.

In der Tatnacht sei er gegen Mitternacht zum Haus der Exfreundin gegangen. Warum so spät? "Das war spontan", er habe einfach über die Beziehung reden wollen, gab der Angeklagte zu Protokoll. Als er den 23-Jährigen bei der Frau angetroffen habe, sei er auf beide zornig gewesen und habe "ein ganz komisches Gefühl" gehabt. Er habe den Nebenbuhler aufgefordert, "dass er mit mir rauskommen soll".

"Wir hatten ein Problem"

Das Verhältnis zum späteren Opfer schilderte er als nicht ganz konfliktfrei: "Wir hatten ein Problem", weil er dem 23-Jährigen einmal die Reifen aufgestochen habe, als dieser vor dem Haus seiner Exfreundin gestanden sei: "Ich war eifersüchtig."

Die erste Auseinandersetzung mit dem Rivalen, der einen Kopf kleiner sei als er, habe im Garten stattgefunden. "Ich würde sagen, dass ich der Verlierer war", antwortete der Angeklagte auf eine Frage der Vorsitzenden. Danach habe er das Grundstück verlassen.

Als er dann zurückgekehrt sei, habe er das Auto des Anderen beschädigen wollen. "Mit einem kleinen Messer hätte ich nicht den Außenspiegel abschlagen können", begründete er den Griff zum größten Fleischermesser, das er daheim gehabt habe.

Stiche "irgendwann passiert"

Er habe der Exfreundin und seinem Nebenbuhler nicht mehr begegnen wollen. Dazu sei es zufällig gekommen, als beide ins Spital fahren wollten. "Er ist aus dem Auto und lief auf mich zu", von da an könne er sich nicht mehr genau erinnern, erzählte der 21-Jährige. "Ich weiß nur, dass die Stiche irgendwann passiert sind." Seiner Erinnerung nach habe der 23-Jährige auf ihn eingeschlagen. Er habe ihn dann mit der linken Hand festgehalten und mit der Rechten zugestochen.

Das Opfer habe vier Stiche im Bereich des rechten Schulterblattes und der rechten Schulter erlitten, hielt ihm Richterin Falb vor. Außerdem hatte der 23-Jährige eine Kopfverletzung. "Da habe ich keine Erklärung dafür", sagte der Angeklagte.

"Komplett perplex"

"Er fing ganz laut an zu schreien, ich bin nur mehr davongelaufen", schilderte er die Situation. "So heftig" könnten die Stiche nicht gewesen sein, meinte er. "Hat das Messer eine scharfe Klinge?", wollte die Richtern wissen. "Damit zerteilt man Schweine und Rinder", gab der Angeklagte zur Antwort.

Nach der Tat sei er "komplett perplex" gewesen. Nun wisse er natürlich, "dass man mit so einem Messer jemanden töten kann". Zum Prozess wurden auch mehrere Zeugen geladen. Weiters soll ein medizinisches Gutachten erörtert werden.

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