Situation eskaliert

Verkehrskontrolle: Juristin rastet aus

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Richter bezeichnete Verhalten der Rechtsanwältin als 'völlig unangemessen'.

Eine Verkehrskontrolle, die völlig aus dem Ruder gelaufen ist, hat am Mittwoch für eine Kärntner Anwältin ein Nachspiel vor Gericht gehabt. Die Frau wurde von der Staatsanwaltschaft wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt angeklagt. Richter Manfred Herrnhofer bezeichnete das Verhalten der Frau nach mehr als drei Stunden Verhandlung als "völlig unangemessen", sprach sie aber frei.

Es war im Februar vergangenen Jahres, als die Frau mit ihrer Tochter im Auto in Mittelkärnten unterwegs war. Sie wollte das Kind zum Bus bringen, mit dem es auf Skikurs fahren sollte. Plötzlich stoppte eine Zivilstreife das Auto der Rechtsanwältin. Zwei Polizeibeamte in Zivil wollten prüfen, ob sie verbotenerweise während der Fahrt mit ihrem Handy telefoniert hätte. Was danach geschah, davon gibt es zwei sehr unterschiedliche Versionen. Jene der Polizisten, die sagten, die Frau sei aggressiv geworden, habe Beschimpfungen gebrüllt und darauf hingewiesen, dass sie Anwältin sei und wisse, was die Polizei dürfe. Sie habe sich mehrfach geweigert, die Fahrzeugpapiere und den Führerschein vorzuweisen und geschrien, sie werde jetzt weiterfahren, weil ihre Tochter zum Skikurs müsse. Zudem habe sie den erhebenden Beamten gestoßen.

Die Frau sagte, sie sei völlig ruhig geblieben und habe lediglich gefordert, dass sich der Polizist ausweisen solle, bevor sie ihm die Papiere gebe. Erst nachdem sich dieser geweigert habe, sei sie "verständlicherweise" nervös und vielleicht auch ein bisschen laut geworden. Gestoßen habe sie den Beamten nicht, Körperkontakt habe es aber schon gegeben. Sie habe auch nicht telefoniert und das den Polizisten mitgeteilt.

Videobeweis

Ganz so ruhig wie behauptet war die Juristin allerdings nicht. Als die Situation schon recht verfahren war, zog nämlich der Polizist sein Smartphone aus der Tasche und drehte ein Video, das im Gerichtssaal vorgespielt wurde. Da hört man die 42-Jährige in heller Aufregung schreien, die Beamten beschimpfen, etwa als "Vollidiot". Auch die Stimme des Polizisten ist zu hören, der versucht, die Frau zu beruhigen. Vor dem Richter meinte sie, ihre Erregung sei doch wohl verständlich, nachdem die Gefahr bestanden hätte, dass ihre Tochter den Bus versäume.

Die Angeklagte ortete ein "Komplott" der Polizei, die schon ihrer Mutter habe am Zeug flicken wollen. Die von Richter Herrnhofer gleich zu Beginn angebotene Diversion lehnte sie entrüstet ab. Nach ihrer ausführlichen Schilderung des Sachverhalts waren dann die Polizisten an der Reihe. Der geschubste Beamte, nach eigenen Angaben 1,92 Meter groß und 98 Kilo schwer, meinte, der Schubs sei nicht allzu fest gewesen und habe ihn auch nicht wirklich aus dem Gleichgewicht gebracht. Sein Kollege wunderte sich jetzt noch, ein Jahr später, über jenen Tag: "Ich bin seit 27 Jahren bei der Polizei, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Wir wollten eigentlich nur den Verdacht des verbotenen Telefonierens überprüfen, aber dazu sind wir ja nicht mehr gekommen."

"Unmöglich aufgeführt"

Nach dem mehr als dreistündigen Beweisverfahren bot der Richter der Anwältin noch einmal eine Diversion an. Diesmal wollte sie annehmen, um einer drohenden Verurteilung zu entgehen, wie sie erklärte, beharrte aber darauf, den Beamten nicht gestoßen zu haben. Das wiederum lehnte der Richter ab, da die Voraussetzung für eine Diversion das Eingestehen einer Mitverantwortung sei, und die fehle hier völlig. Dann sprach er sie frei, weil der Schubser für einen Widerstand nicht ausreiche. Er betonte aber, er sei überzeugt davon, dass die Polizisten den Hergang völlig korrekt geschildert hätten, die Rechtsanwältin habe sich "unmöglich aufgeführt". Über ihr Verhalten werde zu urteilen sein, allerdings durch die Rechtsanwaltskammer. Staatsanwältin Nicole Zwirn gab keine Erklärung ab, das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

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