Rekrut

Verdacht der fahrlässigen Tötung

Justiz untersucht Todesmarsch

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Wer hat Schuld am Tod von ­Toni P.? Justiz, Polizei und eine Heerskommission ermitteln.

Der Rekrut der Wiener Garde, der seine Grund­ausbildung in Horn im Waldviertel machte, starb bei einem Marsch bei 37 Grad im Schatten. Wie die vorläufige Obduktion ergab, hatte er ­keine bakterielle Infektion, wie am Anfang in den Raum gestellt wurde. Die ganze Kompanie wurde nach dem Todesfall ihres Kameraden mit Antibiotika versorgt.

Kräftiger Wasserballer starb an Überhitzung

Doch dann der Knalleffekt: Wie die durch die Staatsanwaltschaft in Krems in Auftrag gegebene Leichenbeschau zeigte, war der Maturant und Wasserballer an Überhitzung gestorben. Der 19-Jährige bekam offenbar nach der Tortur in der Gluthitze 44 Grad Fieber und war daran gestorben – dann kam auch noch eine Kette des Versagens bei der Erstversorgung des Kollabierten dazu. Ein Kamerad packte aus, sein Vater ging mit den Aussagen an die Öffentlichkeit:

Protokoll des Versagens bei der Erstversorgung

„Als der Bursche zusammenbrach, hat ihn sein Vorgesetzter in die Wiese gelegt, da er kaum noch bei Sinnen war.“ Ein Vorgesetzter habe ihm Wasser ins Gesicht geschüttet, worauf Toni stammelte: „Warum spuckst du mich an?“ Der Rekrut sei völlig verwirrt gewesen und hätte gefiebert. Dennoch wurde nicht die Rettung verständigt, der Gruppenkommandant rief den Zugs­kommandanten an. Dann kam ein Lkw mit dem Kompaniekommandanten. Der soll Toni P. höchstpersönlich in die Kaserne gefahren haben. Dort seien zwei Sanitäter hinzugezogen worden, dann erst Rettung und Notarzt, der erfolglos die Reanimation durchführte. Von der Heeresleitung wird diese Darstellung angezweifelt.

Nicht zuletzt nach dieser Aussage ermittelt der Staats­anwalt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen (Strafrahmen ein bis drei Jahre Haft). Ein Erhebungsauftrag ging an die Kripo – jetzt werden alle Verantwortlichen einvernommen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Zudem setzte, wie berichtet, Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil eine bundesheerinterne Untersuchungskommission ein.

Junge Soldaten weisen 
Kritik entschieden zurück

Soldaten des betroffenen ­Bataillons haben mit einem Schreiben auf die Kritik an ihren Vorgesetzten reagiert, das vom Bundesheer veröffentlicht wurde. Schilderungen, wonach bereits am Vortag bei einem Marsch bis zu 20 junge Soldaten kollabiert seien, wurden aufs Schärfste zurückgewiesen. „Wir haben nur die Wahrheit verdient. Wir sind drei junge Soldaten der Gardekompanie, Kameraden unseres verstorbenen Toni P. Wir finden Lügenmärchen, wie über 20 Ohnmächtige bei einem Übungsmarsch oder über 30-Kilo-Marschgepäck, ungeheuerlich und respektlos gegenüber allen, die um Toni trauern“, schrieben sie.(kor)

Verteidigungsminister im Interview: "Lückenlos aufklären und transparent machen"

ÖSTERREICH: Herr Minister, konnten Sie sich bereits ein Bild darüber machen, was da vorgefallen ist?

Doskozil: Wir haben uns natürlich sofort zusammengesetzt und die zwei Sonderkommissionen eingerichtet. Wichtig ist, dass alles lückenlos aufgeklärt und transparent gemacht wird. Mir ist es besonders darauf angekommen, dass die Kommission, die den Vorgang untersucht, von einem Externen und nicht bundesheerintern geführt wird.

ÖSTERREICH: Handelt es sich hier um einen Einzelfall?

Doskozil: Diese Systemfrage muss die zweite Kommission stellen. Gibt es ausreichende Bestimmungen für Hitze, aber auch Kälte? Sind die Richtlinien exakt genug oder gibt es vielleicht zu viel Interpretationsspielraum? Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass der bedauerliche Vorfall von Horn ein Einzelfall war. Aber jeder Einzelfall ist einer zu viel.

ÖSTERREICH: Angeblich hat ein Wachtmeister in Horn noch am Mittwoch beim Morgenappell die Truppe gefragt: „Wer hat da geplaudert? Der soll sich schämen.“ …

Doskozil: Wenn dem so war, wird das untersucht und dann müsste es natürlich Konsequenzen geben.

ÖSTERREICH: Wird es Suspendierungen geben?

Doskozil: Ich wehre mich gegen Pauschalangriffe und Vorverurteilungen. Erst wird untersucht, dann sprechen wir über Konsequenzen.

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