U-Haft verhängt

Vor Attacke auf Juden schlief Täter im Stiegenhaus

Teilen

Der Täter, der Juden attackierte, sitzt jetzt in U-Haft. Er wird psychiatrisch untersucht.

Wien. ÖSTERREICH wurde ein Foto zugespielt: Es zeigt jenen 24-Jährigen, der am Donnerstag mitten in der Stadt eine Passantin und drei Juden angegriffen und teils verletzt hat. Auf dem Bild schläft er in einem Stiegenhaus in der Vorgartenstraße in Wien-Leopoldstadt. Kurz, nachdem ihn Bewohner des Hauses weckten und die Polizei riefen, überfiel der türkischstämmige Österreicher sein erstes Opfer.

Am m Samstag wurde der 24-Jährige direkt aus dem Polizeigewahrsam in die U-Haft überstellt. es wird wegen schwerer Körperverletzung ermittelt, es besteht Wiederholungsgefahr. Denn bereits am Vortag soll der Mann eine Passantin mit Kopftuch attackiert haben.

Gezielter Angriff oder 
doch wahllose Opfer?

Auf seine Opfer machte der Angreifer, für den die Unschuldsvermutung gilt, einen verwirrten Eindruck. Offenbar auch auf die Ermittler. Die Staatsanwaltschaft beantragte noch am Freitagabend die Bestellung eines Sachverständigen, um den Geisteszustand des Verdächtigen untersuchen zu lassen. Der 24-Jährige soll offenbar in die Psychiatrie, eine spätere Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Straftäter scheint denkbar.

Über das Motiv wird weiter gerätselt: „Während die jüdischen Opfer von einem gezielten Angriff vor antisemitischem Hintergrund ausgehen, bestätigt dies die Staatsanwaltschaft (noch) nicht. Auch die Polizei spricht davon, dass die Opfer wahllos ausgesucht wurden.

Die Attacke auf die Kippa tragenden Männer hat auch politisch hohe Wellen geschlagen. Bundeskanzler Sebastian Kurz verurteilte die Angriffe aufs Schärfste: „Wir tun als Regierung alles dafür, dass jüdisches Leben in Österreich in Sicherheit möglich ist“, sagte er.

Verfassungsschutz eingeschaltet

Attacke Juden Kippa Wien Täter
© all
Der mutmaßliche Täter Burkay S. kurz vor seiner Festnahme.

Der Verfassungsschutz wurde sofort in die Ermittlungen eingeschaltet. Über den Täter sind bisher nur wenige Details bekannt. Er soll ­türkische Wurzeln haben, arbeitslos sein und scheint auch schon polizeilich aufgefallen sein. Bei der Tat trug er ein weißes ­T-Shirt mit der Aufschrift „Miami Beach“, dunkle Shorts sowie Turnschuhe.

Attacke Juden Kippa Wien Täter
© all
Hier geht er Richtung Schwedenplatz, wo ihn die Polizei schnappt.

Laut Innenministerium werden derzeit ein antisemitischer Hintergrund sowie Kontakte zur radikalen Szene geprüft. Die Zahl der antisemitischen Vorfälle in Österreich steigt seit Jahren: 2014 waren es 255, im Vorjahr 503, so der Antisemitismusbericht 2017.

Attacke Juden Kippa Wien Täter
© all
Der Verdächtige am Schwedenplatz.

Deutsch: "Das war reinster Antisemitismus"

Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), sprach unterdessen gegenüber mehreren Tageszeitungen neuerlich von einem antisemitischen Übergriff. "Das war reinster Antisemitismus und sorgt für eine allgemeine Verunsicherung innerhalb der Gemeinde", meinte Deutsch etwa in der "Kronen Zeitung". Der Mann sei vor einem koscheren Restaurant gezielt auf Menschen losgegangen, die eine Kippa getragen haben. "Wir können uns das nicht gefallen lassen. Jeder in Österreich ist gefragt, klare Zeichen zu setzen, dass Angriffe auf Juden ein absolutes No-Go sind."

Video zum Thema: Kippa-Träger auf offener Straße attackiert

Antisemitische Vorfälle hätten zuletzt in Österreich generell zugenommen. Von der Politik forderte Deutsch in der "Kleinen Zeitung" deshalb eine Debatte über Fehler und Lösungen in der Integrationspolitik. "Lange Zeit haben die Parteien der Mitte hier nur zugeschaut. Man muss über muslimischen Antisemitismus ebenso wie über rechtsextremen diskutieren. Auch die Dämonisierung Israels, in allen Kreisen, speziell aber unter Linken, ist ein Problem, weil es nichts anderes als Antisemitismus ist, der als 'political correct' daherkommt", so Deutsch. "Es ist wichtig, dass die Politik klarer macht, dass Angriffe auf Juden oder auch Moslems nicht toleriert werden", betonte der IKG-Präsident in der Tageszeitung ÖSTERREICH.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.