ÖSTERREICH-Interview

Kurz: "Nur Kritik ist nicht mein Stil"

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Kurz absolvierte eine Marathonwoche zwischen internationaler Politik und Wahlkampf.

OSZE-Treffen

Weltpolitik in Niederösterreich, 30 Außenminister tagen in Mauerbach, darunter der russische Chefdiplomat Lawrow. Gestritten wird über OSZE-Top-Personalfragen, die Ukraine-Krise. Bei einem Vieraugengespräch mit Lawrow präsentiert Kurz eine Kompromisslösung. Sie wird angenommen. Ein Erfolg für Kurz, er ist ja OSZE-Vorsitzender. Die Minister einigen sich auf einen neuen Generalsekretär, OSZE-Personalkrise scheint gelöst.

Mit Kanzler in Triest

West­balkankonferenz in Italien. Paarlauf mit dem Kanzler. Ein gemeinsames Auftreten gibt es aber nicht. Kurz, der schon die Westbalkanroute für Flüchtlinge geschlossen hat, spricht sich für eine längerfristige EU- Perspektive in der Region aus, schließlich beginnt Sicherheit und Stabilität für Österreich am Westbalkan. Auch wirtschaftlich hat Österreich großes Interesse in der Region – wir sind dort der größte Investor.

Südtirol-Arbeitstreffen

Von Triest reist Kurz weiter nach Bozen. Treffen mit Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher. Ein wichtiges Meeting nach dem Streit mit Rom über eine mögliche Schließung des Brenners. Kurz fordert nochmals den Stopp der Mittelmeerroute. Keine Fähren aus Nordafrika sollen mehr in italienischen Häfen anlegen dürfen. Südtirol ist ebenfalls dafür.

Spendenkaiser

Die Woche endet für Kurz erfolgreich: Auf dem Konto seiner Bewegung sind bereits 97.389 Euro an Spenden eingegangen. 746 Unterstützer haben eingezahlt. Rekord. Alle Spender werden veröffentlicht.

Außenminister im großen Sommer-Talk

ÖSTERREICH: Ihre Forderung nach Schließung der Mittelmeerroute wure vom Kanzler als „populistischer Vollholler“ bezeichnet. Jetzt präsentierte er einen ähnlichen. Was sagen Sie zur „Kernwende“?

Sebastian Kurz: Ich halte es für gut, dass mehr und mehr Politiker auf EU-Ebene, aber auch in Österreich, meine Linie in der Migrationsfrage unterstützen. Ich habe immer gesagt, diese Linie ist notwendig und sie wird sich durchsetzen. Dass auch der Bundeskanzler sich langsam in diese Richtung bewegt, freut mich.

ÖSTERREICH: Keine Kritik?

Kurz: Nein, mir geht es nicht darum, jemanden zu kritisieren, sondern darum, das durchzusetzen, wovon ich glaube, dass es notwendig ist. Was das Mittelmeer betrifft, ist es einfach notwendig, diese Route zu schließen. Alles andere führt nur dazu, dass sich immer mehr Menschen auf den Weg machen, die Schlepper immer mehr verdienen und die Überforderung bei uns in Europa aufgrund der ­illegalen Migranten immer größer wird.

ÖSTERREICH: Sie haben eine Marathon-Woche hinter sich – ist der Doppeljob Außenminister/ÖVP-Chef überhaupt noch vereinbar?

Kurz: Es ist eine enorme zeitliche Belastung, aber ich bin es gewohnt, viel zu arbeiten. Es ist ein dichtes Programm, aber es macht mir viel Freude.

ÖSTERREICH: Mit Irmgard Griss von den Neos und dem Ex-Grünen Peter Pilz kamen neue Gegner an den Start. Wollten Sie Frau Griss nicht auch in Ihrem Team haben?

Kurz: Ich schätze sie und vor allem auch ihre Expertise als Richterin. Wir waren immer wieder in Gesprächen, aber es gibt unterschiedliche Positionen in der Migrationsfrage, aber auch in anderen Bereichen. Insofern halte ich es für gut, dass sie sich jetzt bei den Neos engagiert.

ÖSTERREICH: Und Peter Pilz, der Grün-Aussteiger?

Kurz: Das hätte inhaltlich nicht zusammengepasst. Wenn er noch Lust verspürt, sich politisch zu engagieren, und ich glaube, diese Lust hat er nach wie vor, dann halte ich es für gut. Er gehört einfach zur Innenpolitik dazu. Er ist eine herausragende Persönlichkeit, die gezeigt hat, dass sie den Mut hat, dem alteingesessenen System die Stirn zu bieten.

ÖSTERREICH: Die FPÖ signalisiert immer wieder, gar nicht Erster werden zu wollen, sondern bloß Rot/Schwarz verhindern möchte. Ist eine ÖVP/SPÖ-Koalition auszuschließen?

Kurz: Ich bin überzeugter ­Demokrat und der Meinung, dass zunächst einmal die Wähle­rInnen an Bord sind. Erst, wenn es ein Wahlergebnis gibt, kann man sich dar­über Gedanken machen, welche Koalitionen sich rechnerisch ausgehen und welche Sinn machen.

ÖSTERREICH: Kern und Strache sind schon im Wahlkampfmodus. Wie schaut es bei Ihnen aus?

Kurz: Meine Arbeit als Außenminister prägt mich natürlich. Gleichzeitig herrscht eine gewisse Vorwahlkampfstimmung. Der wirkliche Wahlkampf sollte ein kurzer, intensiver, aber fairer sein.

ÖSTERREICH: Aber die Tonalität wird schärfer – auch Frau Griss hat Sie heftig attackiert.

Kurz: Viele glauben im Wahlkampf, dass sie erfolgreicher sein werden, wenn sie andere schlecht- oder heruntermachen. Ich glaube nicht daran, dass das notwendig ist. Das ist US-Wahlkampfstil, der nach Österreich hereingetragen wird. Aber ich halte davon nichts und möchte mich nicht daran beteiligen.

ÖSTERREICH: Strache und Kanzler urlauben auf Ibiza. Werden Sie Urlaub machen?

Kurz: Wo und wie lange der Bundeskanzler und Strache Urlaub machen, ist deren Sache. Wenn es sich ausgeht, werde ich eine Woche in Kroatien verbringen.

ÖSTERREICH: Wie bewerten Sie die Angriffe von Strache und Kanzler Kern?

Kurz: Das halte ich aus. Wir werden auf die Angriffe nicht mit Gegenangriffen reagie-ren.

ÖSTERREICH: Sie sind momentan der Spendenkaiser, fast 100.000 Euro sind eingegangen …

Kurz: Ich bin sehr dankbar, dass Menschen bereit sind, unsere Bewegung auch finanziell zu unterstützen. Mir ist es wichtig, dass dieser Wahlkampf fair abläuft und dazu gehört auch die transparente Finanzierung. Wir veröffentlichen alles auf meiner Homepage, weil das meiner Meinung nach im 21. Jahrhundert so stattfinden sollte.

ÖSTERREICH: Was wird Ihre Wahlkampf -Stoßrichtung sein?

Kurz: Wir werden als Bewegung versuchen, mit Stärken aus der Volkspartei und gleichzeitig neuen Persönlichkeiten, die bei uns an Bord sind, zu überzeugen. Wir werden definitiv nicht anfangen, andere schlechtzumachen, so wie das die SPÖ macht, sondern einen positiven Wahlkampf führen.

Karl Wendl

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