Sicherheitskonferenz

Kurz-Rüffel für EU: "Wie altes Ehepaar"

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Bei Kanzler Kurz’ Besuch der Münchner Sicherheitskonferenz standen alle bei ihm Schlange. 

Seiner Rede lauschten die internationalen Politstars gebannt. Das lag zwar auch ein wenig daran, dass der umstrittene polnische Vertreter vor ihm dran war. Sebastian Kurz war dennoch der heimliche Polit-Star bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Bayerischen Hof. Das konnte ÖSTERREICH bereits am Freitagabend in der dicht gedrängten Empfangshalle des Luxushotels beobachten. Kaum stand der VP-Kanzler dort, schon drängten sich Politiker um ihn. Der bisherige deutsche CDU-Innenminister Thomas de Maizière kam ihn ebenso begrüßen wie Ex-US-Außenminister John Kerry, der ihm väterlich auf die Schulter klopfte.


Anstellen zum Handshake und viele Selfie-Anfragen

Vor fünf Jahren – als Kurz als frisch gebackener Außenminister erstmals an der Pressekonferenz teilgenommen hatte – stellte er sich noch an, um den Mächtigen dieser Welt die Hand geben zu können. Dieses Jahr wartete selbst der russische Außenminister knapp eine Minute, um Kurz zu begrüßen. Saudische Diplomatinnen baten gar um Selfies.

Seine europapolitische Rede im Plenum der Konferenz hielt Kurz auch selbst­bewusst. Die EU müsse „an einem Strang ziehen und in Vielfalt geeint“ sein. Aber, so der 31-Jährige: „Wir als Europäische Union verhalten uns wie ein altes Ehepaar.“ Der Westen würde sich über den Osten beschweren und umgekehrt. Kurz fordert eine stärkere „gemeinsame EU-Außen- und -Verteidigungspolitik und mahnt von den „großen Staaten mehr Selbstkritik“ ein. Sie dürften die Linien nicht alleine vorgeben.


"Gemeinsame EU-Außen- und -Verteidigungspolitik"

Sorgen. Hinter den Kulissen – Kurz traf Freitagabend deutsche Politprominenz – dominierte weniger die Angst vor einem neuen atomaren Wettrüsten wie tagsüber, sondern die deutsche Politik. Und die Sorge, dass die SPD das Koalitionsabkommen mit der CDU doch ablehnen könnte.


Kanzler im Interview: "Historikerkommission ist richtiger Schritt"

Der Kanzler über Straches ORF-Streit, die FP-Kommission und die Zusammenarbeit in der EU.

ÖSTERREICH:
Das Posting, in dem Strache Armin Wolf de facto mit Lüge gleichgesetzt hat, sorgt für anhaltenden Wirbel. Wie sehen Sie diesen Konflikt FPÖ und ORF? Und wie wollen Sie zur von Ihnen geforderten Entemotionalisierung in dieser Causa beitragen?

Sebastian Kurz: Es ist richtig, dass der ORF in Tirol ­einen schweren Fehler gemacht hat, der ORF Tirol hat sich dafür auch entschuldigt. Diese Diskussionen sollten sachlich passieren. Der Medienminister, der dafür auch zuständig ist, wird eine Medienenquete organisieren. Das ist der richtige Weg und Stil.

ÖSTERREICH: Und was halten Sie jetzt vom konkreten Posting?

Kurz: Ich habe schon am Mittwoch dazu klar Stellung bezogen und kann es nur noch einmal wiederholen. Es ist wichtig, Emotionen aus der Debatte herauszunehmen und Debatten, wenn sie geführt werden, sachlich zu führen.

ÖSTERREICH: Sie haben in München Israels Premier Netanyahu getroffen und erklärt, dass Sie optimistisch seien, dass sich die Beziehungen zwischen Israel und Österreich wieder völlig normalisieren. Derzeit hat Israel aber keinerlei politische Beziehungen zur FPÖ und sieht Ihren Regierungspartner kritisch, oder?

Kurz: Das stimmt und ich respektiere die Haltung ­Israels. Aber es ist mir ein großes Anliegen, die Beziehungen vollständig zu normalisieren und auch unsere multilateralen Beziehungen auszubauen. Ich hatte ein sehr gutes Gespräch mit Netanyahu.

ÖSTERREICH: Die FPÖ versucht jetzt mit einer Historikerkommission, ihre braunen Flecken aufzuarbeiten. Die bisherige Zusammensetzung ist aber nicht sehr vertrauenerweckend, oder?

Kurz: Ich halte es für einen richtigen und wichtigen Schritt, dass Vizekanzler Strache diese Historikerkommission eingesetzt hat. Er möchte ja auch Experten vom Dokumentations­archiv einladen mitzumachen.

ÖSTERREICH: Sie haben bei der Sicherheitskonferenz eine Rede gehalten, in der Sie die Vielfalt betont haben. Worum geht es Ihnen da ­konkret?

Kurz: Das Motto muss heißen: In Vielfalt geeint, statt in Gleichheit getrennt. Als EU müssen wir bei den großen Themen – Sicherheits- und Außenpolitik – zusammenarbeiten, aber nicht ­jedes Detail regeln. Das sollen die einzelnen Staaten machen.

ÖSTERREICH: Sie haben von der „Destabilisierung durch Migrationsströme“ gesprochen. Was wollen Sie denn dagegen machen?

Kurz: Wir brauchen einen verstärkten und gemeinsamen Außengrenzenschutz. Und eine enge militärische und polizeiliche Kooperation in der EU.

ÖSTERREICH: Österreich ist neutral, welchen Beitrag können wir denn da leisten?

Kurz: Wir sind ein neutrales Land und werden es auch bleiben, aber im Interesse unserer Sicherheit können wir den EU-Außengrenzenschutz nicht nur Italien und Griechenland überlassen. Da können wir einen Beitrag leisten, wie wir es bereits etwa an der ungarischen Außengrenze oder in Mazedonien machen.

Isabelle Daniel, München

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