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Auf oe24.TV

Kurz und Strache im ersten TV-Interview

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Die Koalitionschefs gaben oe24.TV als ersten Sender ein Live-Interview.

Die neue Regierung wird am Montag angelobt – als ersten Fernsehsender haben der neue Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) oe24.TV ein Live-Interview. ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner und Politik-Insiderin Isabelle Daniel stellten die beiden neuen Koalitionschefs auf den Prüfstand.

+++ Das gesamte Interview sehen Sie um 20:15 Uhr auf oe24.TV +++

Kurz und Strache präsentierten sich quasi als die besten Freunde – und das, nachdem sich ÖVP und FPÖ im Wahlkampf nichts geschenkt hatten und Strache dem ÖVP-Chef immer wieder „Abkupfern“ seiner Forderungen vorgeworfen hatte. Jetzt attestiert der FPÖ-Chef seinem neuen Kanzler „eine menschliche Qualität, die beachtlich ist“, man sei einander bei den oft harten Koalitionsverhandlungen „immer auf Augenhöhe“ begegnet.

Sicherheit

Dass die FPÖ gleich beide Sicherheitsministerien – Inneres und Verteidigung – bekommen hat, verteidigte Strache, dass eine Partei beide Ressorts besetze, habe es schon oft gegeben. Zuletzt ab 2003 – damals hatte die ÖVP beide Ministerien.

Kurz und Strache im ersten TV-Interview
© TZOe/Gruber

Strache: „CETA tut uns weh“

oe24.TV: Von brutalen Gegnern im Wahlkampf zu ziemlich besten Freunden – wie ist das gekommen, Herr Strache?

Heinz-Christian Strache: Wir haben uns im Zuge der Verhandlungen besser kennengelernt. Jetzt kann man sagen, da stimmt die Chemie. Aber es geht ja auch nicht um eine Ehe, sondern um eine inhaltliche Partnerschaft für Österreich. Wenn es zwischen uns Missverständnisse gibt, werden wir zum Telefon greifen und das klären.

oe24.TV:: Herr Kurz, Kopiermaschine ist das Netteste, das Herr Strache Sie geheißen hat …

Sebastian Kurz: Wir haben uns auf Augenhöhe in diesen Verhandlungen zwar nichts geschenkt, aber uns immer respektvoll unterhalten. Ich habe im Wahlkampf so reagiert wie als Außenmister, niemanden angepatzt und angegriffen. Herr Strache hat als Oppositionspolitiker natürlich einen etwas kantigeren Stil, das wird sich in Regierungsverantwortung vielleicht auch ändern. Ich habe mit anderen Sachen kämpfen müssen im Wahlkampf, Silberstein und Co. wenn man jemandem was übelnehmen möchte, dann das.

oe24.TV: Herr Strache, es gab spektakuläre Umfaller: CETA. Oder bei der direkten Demokratie – verschoben. Sie wollten Volksabstimmungen ab 100.000 Unterschriften, jetzt sind es 900.000.

Strache: Wir wollten die Hürde ab 4 Prozent – doch was ist, wenn wir keine Einigung gefunden hätten? Da haben wir natürlich auch CETA akzeptieren müssen. Das war der einzige schmerzvolle Bereich, wo wir uns nicht durchgesetzt haben. Das tut weh. Es war eine rote Linie der ÖVP. Aber wenn wir wegen des einen Punkts ein Scheitern herbeigeführt hätten und die Roten in der Regierung geblieben wären – das hätten uns die Wähler nie verziehen.

oe24.TV: Warum war Ihnen, Herr Kurz, CETA so wichtig?

Kurz: Wenn Österreich schon fünf Mal zugestimmt hat, dann nein zu sagen – da wäre Österreich kein verlässlicher Partner in der EU.

oe24.TV: Dafür ist Österreich der Aschenbecher Europas. Sie mussten im Gegenzug beim Rauchverbot nachgeben.

Kurz: Es gab viele Fragen, wo man unterschiedlicher Meinung war. Ja, ich bin froh, dass sich bei der direkten ­Demokratie unsere Ansicht durchgesetzt hat. Und ja, ich hätte es als Nichtraucher anders gesehen – aber es war notwendig, der FPÖ entgegenzukommen …

Strache: Uns ist Selbstbestimmung wichtig. Wir sind nicht der Aschenbecher Europas. Niemand ist gezwungen, in einen Raucherbereich zu gehen.

oe24.TV: Es fehlen aber die Leuchttürme im Programm.

Kurz: Nein, genau das, was wir im Wahlkampf angekündigt haben, haben wir auch im Regierungsprogramm festgeschrieben. Sicherheit war uns wichtig und die Steuerlast auf 40 Prozent zu senken und eine Entlastung der mittleren und kleineren Einkommen. Und auf der anderen Seite Reformen, um bei der Verwaltung zu sparen.

oe24.TV: Aber es fehlt doch ein genauer Fahrplan für die Entlastung der Bürger.

Kurz: Wir haben für uns einen Zeitplan festgelegt, wollen in einem ersten Schritt kleine Einkommen entlasten und in der Folge den Kinderbonus umsetzen. 1.500 Euro für jedes Kind. Bei zwei Kindern sind das 3.000 Euro im Jahr, eine gewaltige Summe.

Strache: Wir haben eine Entlastung der kleineren Einkommen sichergestellt – bis 1.900 Euro gibt es schon im kommenden Jahr eine spürbare Entlastung.

oe24.TV:  Die Langzeitarbeitslosen haben Sie abrasiert.

Kurz: Wir wollen reale Jobs schaffen und nicht künstliche. Wir wollen attraktive Bedingungen, damit alle am Arbeitsmarkt teilnehmen.

oe24.TV: Und warum bekommen Hoteliers Steuerzuckerl?

Strache: Weil der Tourismus ein zentraler Wirtschaftszweig ist.

oe24.TV:  Warum die radikale Senkung der Mindestsicherung auf 365 Euro?

Strache: Das ist fair und gerecht. Wir wollen keine Zuwanderung ins Sozialsystem. Vor allem Wien wird erklären müssen, warum es ein Anziehungspunkt ist.

oe24.TV: Und die Demos dagegen sind Ihnen wurscht?

Kurz: Die Meinungsfreiheit ist uns ein hohes Gut – und ich bin froh, dass wir in einem Land leben, wo man demonstrieren darf. Ich war als Außenminister in vielen Ländern, wo das nicht ging.

oe24.TV: In der Bildungspolitik ging es eher retour: Noten kommen wieder – und auch die Studiengebühren.

Kurz: Es geht wieder in die richtige Richtung. Was in den letzten Jahren stattgefunden hat, war falsch. Es hat viel zu viele Versuche gegeben, und viele Jugendliche haben das System verlassen, ohne schreiben und lesen zu können. Jetzt darf niemand in die Schule, der nicht Deutsch kann, und keiner verlässt das System, ohne gescheit schreiben und lesen zu können.

oe24.TV: Und warum die Noten? Die waren ja in der Volksschule schon weg.

Kurz: Weil Leistungsbeurteilung auch im Alltag stattfindet. Daran muss man die Kinder auch gewöhnen.

oe24.TV:  Herr Strache. Ihr oö. Landeschef Haimbuchner hat Ihnen ja verbal wegen der Kassenzusammenlegung eins über die Rübe gegeben. Was sagen sie dazu?

Strache: Nur um Legendbildungen auszuräumen. Ich habe alle Landeshauptleute gefragt, ob sie bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, wenn ein Einberufungsbefehl kommt. Da waren nicht alle bereit und das ist zu respektieren. Er bekommt ja jetzt auch ein Kind. Wenn er Kritik übt an der Zusammenlegung, ist das legitim. Das ist aber auch eine Kritik am eigenen Programm. Darüber muss ich mit ihm reden, das hat mich jedenfalls gewundert.

oe24.TV: Herr Kurz, gibt es ein Vorbild als Kanzler?

Kurz: Es gab ja einige große Bundeskanzler von Bruno Kreisky angefangen über Wolfgang Schüssel.

oe24.TV:  Spannend, wenn ein ÖVP-Kanzler Bruno Kreisky als Vorbild hat …

Kurz: Ja, er hat definitiv unser Land geprägt wie auch Wolfgang Schüssel.

Strache: Ich hatte auch immer Kreisky oder Jörg Haider als Vorbild. Kreisky hat das Land verändert, es war schon als Kind sehr prägend für mich mitzubekommen, was er alles macht.

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