Schwere Vorwürfe

Pilz gibt Regierung Mitschuld an Erdogan-Sieg

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Grüner Abgeordneter sieht "direkte Wahlhilfe" Erdogan-naher Vereine für ÖVP.

Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz sieht eine "Mitschuld" der Bundesregierung an dem deutlichen Sieg des "Ja" beim türkischen Verfassungsreferendum in Österreich. "Staaten und Regierungen sind mitschuld, wenn sie Stasi-artige Institutionen dulden", sagte Pilz am Donnerstag in Wien. Damit meinte er der türkischen Führung nahestehende Auslandsorganisationen.

Es bestehe ein Zusammenhang zwischen den Ergebnissen unter den Auslandstürken und den in den jeweiligen Ländern aktiven Ankara-nahen "Netzwerken", betonte der Grüne Abgeordnete. Staaten wie Österreich, Belgien oder die Niederlande seien deswegen "Heimspielländer" für Präsident Recep Tayyip Erdogan - mit hohen Anteilen an Ja-Stimmen - gewesen, weil "hier die dichtesten Netzwerke" vorhanden sind, sagte er. In Ländern wie Großbritannien, Spanien oder Schweden, wo "es nichts gibt", sei das Votum dagegen klar gegen die Verfassungsänderung zur Einführung einer Präsidialrepublik ausgefallen. Die kurdischstämmige Grüne Abgeordnete Berivan Aslan hatte zuvor auf Twitter einen ähnlichen Zusammenhang hergestellt. In Österreich hatten 72,3 Prozent des Auslandstürken mit Ja gestimmt, in Großbritannien waren es etwa nur 20,1 Prozent.

Die Ankara-nahen Vereine hätten "Autobusse voller Jasager" zur Abstimmung gekarrt; gleichzeitig seien Erdogan-Kritiker "eingeschüchtert" und "bespitzelt" worden. Pilz machte der Bundesregierung und besonders Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) erneut den Vorwurf, nicht gegen solche "schwer illegalen" Vereine, die "statutenwidrig agieren", vorzugehen. Das Innenministerium hat diese Vorwürfe bereits wiederholt zurückgewiesen. Zu den von Pilz attackierten Organisationen gehört etwa die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die als europäischer Arm der türkischen Regierungspartei AKP gilt, der Unternehmerverband MÜSIAD oder die ausländischen Einrichtungen der türkischen Religionsbehörde Diyanet - in Österreich ist das der Verein ATIB.

Pilz erneuerte in diesem Zusammenhang seine Vorwürfe gegen die ÖVP, konkret gegen Sobotka und Außenminister Sebastian Kurz, diese würden deshalb nichts gegen die "Spitzeltätigkeit" der Türkei in Österreich unternehmen, weil die Volkspartei "direkte Wahlhilfe" durch Erdogan-nahe Vereine bekomme. "Die ÖVP ist die Heimatpartei für Erdogan-Funktionäre." Pilz hatte den Vorwurf bereits Ende März aufgebracht; dieser war damals von der ÖVP als "alte, aufgewärmte Geschichten" zurückgewiesen worden.

 Bezüglich der in der Tageszeitung "Österreich" von ihm jüngst geäußerten Vorwurf der "Wahlfälschung mitten in Wien" differenzierte Pilz auf Anfrage der APA: Es seien ihm keine Hinweise auf direkte Wahlfälschung beim Türkei-Referendum in Österreich bekannt. Jedoch könne man den Transport von Erdogan-Unterstützern per Autobus zur Abstimmung durchaus als "Wahlmanipulation" auffassen, meinte er.

 

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