Wirbel um 12-Stunden-Tag

Strache: 'Wir setzen Kerns Plan A um. Plus viele Vorteile'

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Im ÖSTERREICH-Interview verteidigt der FP-Vizekanzler die Arbeitszeitflexibilisierung.

ÖSTERREICH: Wie wird die Freiwilligkeit beim 12-Stunden-Tag festgeschrieben?

Heinz Christian Strache: Die Freiwilligkeit ist ja bereits gesetzlich verankert und wird jetzt noch zusätzlich unmissverständlich definiert, damit es keinen Interpretationsspielraum mehr gibt.

ÖSTERREICH: Kennen Sie die genaue Formulierung schon?

Strache: Ich kenne sie schon, wir werden sie aber erst der Öffentlichkeit präsentieren. Sie wird davor noch einmal präzisiert. Was da von Seiten der SPÖ und den roten Gewerkschaften in den Raum gestellt wird, ist ja ungeheuerlich. Die Arbeitszeitflexibilisierung wird ein Gewinn für Arbeitnehmer und Unternehmer, denn was ist die Realität? Der gesetzliche 8-Stunden-Tag und die 40-Stunden-Woche bleiben ja Normalität. Erstmals wird aber durch die Flexibilität, die auf Freiwilligkeit basiert, den Arbeitnehmern die Möglichkeit geboten, länger zu arbeiten, um dann einen größeren Block Freizeit konsumieren zu können. Viele Arbeitnehmer wollten das schon bisher, Pendler zum Beispiel, denen so mehr Zeit für die Familie bleibt, die schon am Donnerstag ihre 40 Stunden abgearbeitet haben. Und er erhält zusätzlich ein Recht, das er im ursprünglichen Entwurf nicht hatte, und dafür habe ich gekämpft: Nämlich das Recht auf Ablehnung und zwar aus persönlichen Gründen, die der Arbeitnehmer nicht näher definieren muss. Der Arbeitnehmer hat die Entscheidungsgewalt. Wir setzen den Plan A von Ex-Kanzler Kern um, plus zahlreiche weitere Vorteile.

ÖSTERREICH: So idyllisch wird‘s nicht werden. Viele Arbeitnehmer werden sich nicht trauen, ihrem Chef öfter Nein zu sagen.

Strache: Ganz sicher, weil das gesetzlich abgesichert ist. Erstmals wird eine 4-Tage-Woche gesetzlich möglich. Aber es bleibt natürlich auch die EU-Richtlinie Gesetz, dass kein Arbeitnehmer im Durchrechnungszeitraum von 4 Monaten länger als 48 Stunden Höchstarbeitszeit haben darf.

ÖSTERREICH: Ich bleibe dabei: Wenn der Chef sagt, Ich will, dass Du 12 Stunden arbeitest, traut sich keiner zu sagen: Ich will nicht.

Strache: Das glaube ich nicht. Es ist doch heute schon in vielen Bereichen so, dass nicht die Arbeitnehmer befürchten, ihren Arbeitsplatz  verlieren, sondern die Unternehmer fürchten, ihre guten Arbeitskräfte zu verlieren.

ÖSTERREICH: Hat sich das auch bis zu ihrer Sozialministerin durchgesprochen, dass ein „Ich will nicht“ reicht?

Strache: Ja, sicher. Ich lasse  Ministerin Hartinger-Klein da nicht verunglimpfen. Sie hat so viele schwierige Reformen zu stemmen, die ihr die Vorgängerregierungen übrig gelassen haben. Sie genießt da meine volle Unterstützung. 

ÖSTERREICH: Aber wenn das so ein Win-Win-Gesetz ist – warum haben Sie es so rasch an den Sozialpartnern vorbei durchgezogen? Wollen Sie das Ende der Sozialpartnerschaft?

Strache: Im Gegenteil. Die Sozialpartner wurden ja aufgefordert, ein gemeinsames Projekt zur Arbeitszeitflexibilisierung zu erarbeiten.  Sie haben es nicht zusammengebracht.  Das Ziel des Gesetzes ist ja, dass der Arbeitnehmer frei entscheiden kann, ob er freiwillig mehr arbeiten will, um mehr Freizeit oder mehr Geld zu erhalten. Die Gewerkschaft ist deshalb so zornig, weil die Arbeitnehmer sie in dieser Frage nicht mehr brauchen, nicht mehr von ihr abhängig sind, durch den Rechtsschutz, den wir gewährleisten.

ÖSTERREICH: Für viele, auch in der FPÖ, bleiben Sie als Sozialabbauer über, also nicht Sie persönlich, aber ihre Partei ...

Strache: Aber das ist doch absurd. Wir sorgen dafür, dass endlich alle arbeitenden Menschen neben einem mehr an Rechten zusätzlich auch entlastet werden und mehr verdienen können. Das Schöne ist ja, dass jede Hetze und Panikmache von SPÖ und roten Gewerkschaften ins Leere geht. Spätestens, wenn das Gesetz in Kraft ist und die Realität sichtbar wird, werden auch die Arbeitnehmer erkennen, was da für ein Kasperltheater inszeniert wurde. 

ÖSTERREICH: Thema Flüchtlinge: Was erwarten Sie vom Gipfel am Sonntag?

Strache: Wir erleben eine Allianz der Willigen und Tätigen. In Österreich, in Bayern, in Italien oder in den Visegrad-Staaten, die erkannt hat, welche wahnsinnigen Schäden die fatale Willkommenspolitik 2015 angerichtet hat. Rasche Lösung wird es keine geben, aber ich erwarte mir zumindest, dass am Sonntag Dublin sofort wieder in Kraft gesetzt wird.

ÖSTERREICH: Kann beim Gipfel was rauskommen, wenn die Visegrad-Staaten, die Sie so schätzen, schwänzen?

Strache: Das ist eine richtige Anmerkung. Die gehören  natürlich dazu. Aber lassen wir uns überraschen. Die Erwartungshaltung ist aber eine eher geringe.

ÖSTERREICH: Wird es Angela Merkel noch lange geben?

Strache: (lächelt) Es ist auch in Deutschland ein Paradigmenwechsel sichtbar geworden. Die Debatte wird gerade zwischen CDU und CSU ausgetragen. Man wird sehen, welche Position sich durchsetzt. Ich bin überzeugt, dass die CSU-Position die mehrheitsfähige ist.

ÖSTERREICH: Setzt sich Seehofer durch und die Deutschen weisen an der Grenze alle Flüchtlinge zurück: Macht Österreich das am selben Tag auch?

Strache: Genau, das wird die Konsequenz sein. Und das wird dazu führen, dass alle Länder, die danach folgen, das auch tun müssen.

ÖSTERREICH: Das bedeutet endgültig das Aus für Schengen ...

Strache: Es bedeutet, dass es für gewisse Zeit ausgesetzt wird, aber nur so kann Schengen wieder möglich gemacht werden, weil dadurch die Notwendigkeit unübersehbar wird, die EU-Außengrenze effizient zu sichern. Es kann nicht sein, dass jemand, der illegal nach Europa kommt, dann einen Rechtsanspruch auf Asyl geltend machen kann. Das gehört abgestellt. Und wenn Seehofer Schengen aussetzt, zwingt er die Nachbarländer zur selben Maßnahme.

ÖSTERREICH: Sind unsere Grenzen dafür gerüstet.

Strache:Ja, wir sind für diesen Tag X gerüstet. Innenminister Kickl hat alle Maßnahmen in den letzten Monaten getroffen und ist vorbereitet.

ÖSTERREICH: Das bedeutet aber einen enormen Personalaufwand ...

Strache:Nicht ohne Grund haben wir als erste Regierung sichergestellt, dass es 2.100 neue Exekutivplanstellen plus 2.000 Ausbildungsstellen gibt und wir langfristig und vorausschauend damit gerechnet haben, dass wir dieses zusätzliche Personal brauchen werden. Natürlich geht das nicht von heute auf morgen, sondern dauert, bis die Schulungsmaßnahmen gegriffen haben. Bis dahin wird man mit dem bisherigen Personal auskommen müssen, in Zusammenarbeit mit dem Bundesheer natürlich.

ÖSTERREICH: Fürchten Sie eine neue Flüchtlingswelle?

Strache: Es gibt Entwicklungen, die darauf hindeuten, dass eine neue Welle kommen kann. Im Sinne eines Frühwarnsystems haben wir die Verantwortung, darauf rechtzeitig aufmerksam zu machen - auch wenn die Gefahr immer wieder heruntergespielt wird. In Bosnien gibt es einen extremen Anstieg, auch in Griechenland, und es gibt die neue Route über Albanien. Das sind alles Entwicklungen, die wir ernst nehmen und bei denen wir rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen müssen. Wir werden ein neues 2015 nicht zulassen, im Sinne des australischen „no way“ – probiert es erst gar nicht, es gibt keinen Weg.

ÖSTERREICH: Was sagen Sie eigentlich dazu, dass die Moscheen, die geschlossen werden sollten, wieder offen sind?

Strache: Ich höre, dass eine unter anderem Namen wieder geöffnet ist, mit neuer Struktur. Das wird jetzt von Polizei und Behörde überprüft. Sollte es Verstöße geben, wird da natürlich durchgegriffen. Man muss sich das Islamgesetz ansehen und es da und dort evaluieren und präzisieren, damit Umgehungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden.

ÖSTERREICH: Frage an den Sportminister. Wer wird Weltmeister?

Strache: Ich habe jedenfalls von Anfang an gesagt, dass Kroatien als Außenseiter durchaus eine Überraschung gelingen kann ...

ÖSTERREICH: Vor dem Argentinien-Spiel?

Strache: Ja, schon vorher. Natürlich muss man auch mit Belgien, Spanien und Portugal rechen, die exzellente Leistungen gebracht haben. Die Russen haben als Heimmannschaft Rückenwind und die Brasilianer muss man immer zu den Favoriten zählen. Die Deutschen hatten einen katastrophalen Einstieg. Ich glaube, die haben auch Gemeinschaftsprobleme in der Mannschaft, wie schon die Franzosen 2010. Nicht einmal bei der Hymne wird mitgesungen. Die  Erdogan-Geschichte hat da sicher nicht geholfen. Man wird sehen, ob sie das in den Griff bekommen.

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