Video zum Thema Kreuzfahrtriesen werden aus Venedig verbannt
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Tourismus

Kreuzfahrtriesen werden verbannt

Aus für Kreuzfahrtkolosse in Venedigs Altstadt: Künftig sollen keine riesigen Schiffe mehr direkt am Markusplatz vorbei über den Giudecca-Kanal fahren, wie das italienische Verkehrsministerium am Dienstagabend mitteilte. Stattdessen sollen Passagierschiffe ab 2019 nach und nach jenseits der Lagune in Marghera anlegen. Dafür soll ein neuer Hafen gebaut werden - die Kosten sind noch unbekannt.
 
Das zuständige Komitee habe grünes Licht für den entsprechenden Vorschlag der Regierung gegeben, erklärte Verkehrsminister Graziano Delrio im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er äußerte sich nach interministeriellen Beratungen, an denen auch lokale Behörden und Gemeindevertreter teilnahmen. Der Einigung waren eineinhalbjährige Verhandlungen vorangegangen.
 
Nach dem Plan sollen die Kreuzfahrtdampfer künftig weiter südlich in die Lagune einfahren - so wie jetzt bereits Containerschiffe und Öltanker. Die größten Passagierschiffe sollen im Industriegebiet Marghera anlegen, in einem Hafen, der eigens dafür gebaut werden muss und wo die Passagiere aussteigen sollen. Kleinere Schiffe sollen weiter im bereits existierenden Hafen einlaufen, aber über einen Kanal fahren, der um mehrere Meter vertieft werden muss.
 
Großes Ergebnis
 
Bürgermeister Luigi Brunaro nannte die Regelung ein "großes Ergebnis für die Venezianer". Allerdings gibt es noch keine offizielle Kostenschätzung. Kritiker hatten gefordert, dass Kreuzfahrtschiffe gar nicht mehr in die Lagune einfahren dürfen. Stattdessen hätte ein Passagierterminal am Eingang der Lagune gebaut werden sollen.
 
Nach der Havarie des Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" im Jahr 2012 vor einer Insel im Westen Italiens hatte die Regierung in Rom den Verkehr größerer Passagierschiffe deutlich eingeschränkt. Vor allem Venedig war davon betroffen.
 
Die Kreuzfahrtunternehmen verbannten Schiffe mit mehr als 96.000 Tonnen Gewicht komplett aus der Lagune und verringerten allgemein die Zahl der großen Passagierschiffe. Nach Angaben des internationalen Kreuzfahrtanbieter-Branchenverbandes Clia ging die Zahl der Passagiere in Venedig seit 2013 um eine halbe Million zurück. Demnach kamen 2017 noch etwa 1,4 Millionen Kreuzfahrt-Touristen in die Lagunenstadt.
 
Eine gute Nachricht mit einem Haken

 Umweltschützer sind trotzdem empört: Denn der Plan sieht laut Medienberichten auch vor, dass Schiffe mit mehr als 96.000 Tonnen in die Lagune einfahren können - wenn auch nicht am Zentrum vorbei. Derzeit sind diese Mega-Schiffe in der gesamten Lagune verboten. "Sie haben das schlechteste Projekt von allen gewählt", sagte Luciano Mazzolin vom Anti-Kreuzer-Komitee No Grandi Navi dem Sender Radio Capital. "Wir wollen, dass die Schiffe überhaupt nicht in die Lagune fahren." Denn das bringe große Umweltprobleme mit sich.
 
Hinzu kommt: Das neue Terminal für die Kreuzfahrtschiffe in Marghera ist noch gar nicht fertig. Die Regierung spricht daher von einem Verbot der Kreuzer vor dem Markusplatz in drei oder vier Jahren. Bis dahin dürfen die Schiffe also noch vor der historischen Altstadt fahren.
 
Anrainer, Kultur- und Umweltschützer klagen schon lange über Schäden, die die Riesenschiffe anrichten: Sie gefährden das ökologische Gleichgewicht in der Lagune, könnten historische Gebäude beschädigen und stoßen Schadstoffe aus. Außerdem spucken sie noch mehr Touristenmassen in der Stadt aus, die sowieso schon vom Ansturm überfordert ist.
 
Auch der Unesco sind die Kreuzfahrtschiffe schon lange ein Dorn im Auge: Die UN-Kulturschutzorganisation warnte sogar, Venedig auf die Liste der gefährdeten Kulturgüter zu setzen, wenn keine Lösung gefunden werde.
 
"Es reicht, dass der Unesco und der Welt klar wird, dass wir eine Lösung für die großen Schiffe in der Lagune haben", sagte Bürgermeister Luigi Brugnaro und zeigte sich äußerst zufrieden mit der Entscheidung, die die Regierung in Rom zusammen mit Vertretern der Region am Dienstagabend getroffen hatte. "Nach monatelangen Untersuchungen und ernsthafter Arbeit haben wir eine wirkliche Lösung gefunden", lobte auch Verkehrsminister Graziano Delrio. "Es ist möglich, den Hafen zu entwickeln und die Kreuzfahrtschiffe ankommen zu lassen, ohne das Kulturerbe Venedigs aufs Spiel zu setzen."
 
Venedig lebt vom Tourismus - und auch vom Kreuzfahrttourismus, viele Arbeitsplätze hängen davon ab. Seit 1997 ist der Kreuzfahrttourismus nach Angaben des Passagierterminals um 436 Prozent gewachsen. Im letzten Jahr kamen nach Angaben der Hafenbehörde mehr als 1,6 Millionen Kreuzfahrttouristen. Für die ist eine Fahrt vorbei am Dogenpalast, am Markusplatz und den anderen Sehenswürdigkeiten Venedigs natürlich ein Highlight der Reise. Und bis auf weiteres wird ihnen dieses Spektakel auch nicht genommen.
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