Eine Frau für Top-Jobs

Lagarde wird erste EZB-Präsidentin

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Ehemalige IWF-Chefin hatte schon mehrere Spitzenpositionen inne.

Christine Lagarde war in ihrem Leben schon oft die Nummer eins: erste Frau an der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF), erste französische Wirtschaftsministerin, erste Chefin der renommierten Anwaltskanzlei Baker McKenzie. Zur Krönung ihrer Karriere wird die 63-jährige Französin nun die erste Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB).

Ihr eilt ein exzellenter, aber nicht tadelloser Ruf voraus. Am Dienstag billigte das Europaparlament ihre Ernennung.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war zum Abschluss des EU-Gipfels Anfang Juli, als Lagarde für den Posten in Frankfurt am Main nominiert wurde, voll des Lobes: Die Französin verfüge über "viel Erfahrung und Wissen" und werde alles tun, "dass es dem Euro gut geht".

Lagarde wird erste EZB-Präsidentin

"Madame Lagarde hat alle Kompetenzen und Qualitäten, die zur Leitung der EZB nötig sind", betonte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der laut Diplomaten das Frauen-Doppel mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) an der EU-Kommissionsspitze und Lagarde bei der EZB vorgeschlagen hatte.

"Zu wissen, wie man Decken durchbricht, ist wichtig", hat Lagarde einmal mit Blick auf die unsichtbaren Glasdecken gesagt, an die Frauen oft stoßen. "Zähne zusammenbeißen und lächeln" - dieses Motto hat ihr schon als 15-Jährige ihr Trainer bei der französischen Nationalmannschaft im Synchronschwimmen eingeimpft.

Nach ihrem Aufstieg in der US-Anwaltskanzlei Baker McKenzie ging Lagarde 2005 in die Politik, zunächst als Außenhandels-Staatssekretärin in Frankreich. Der konservative Präsident Nicolas Sarkozy beförderte sie 2007 zur Wirtschafts- und Finanzministerin, als erste Frau auf dem mächtigen Posten. 2011 wurde sie Generaldirektorin des IWF in Washington.

Dort machte sie sich einen Ruf als Vorzeigechefin und gewiefte Taktikerin. In ihre Zeit in Washington fiel etwa das Drama um Griechenland: Die Griechen sollten endlich ihre Steuern zahlen, verlangte die stets elegant gekleidete Frau mit den Silberhaaren 2012. Zugleich warb sie für einen Schuldenschnitt.

>>>Nachlesen:  Lagarde offiziell als EZB-Chefin nominiert

Es gab auch Rückschläge

Eher unrühmlich ist allerdings die Rolle des IWF unter ihrer Führung in der argentinischen Schuldenkrise. Vergangenes Jahr gewährte der Fonds dem kriselnden Staat eine Rekordhilfe von 57 Milliarden Dollar (51,67 Mrd. Euro) - mit mäßigem Erfolg. Steigende Staatsschulden und Hyperinflation machen Argentinien weiter schwer zu schaffen. Im Juni gestand Lagarde ein, der IWF habe die Situation in dem südamerikanischen Land "unterschätzt".

Und ein weiterer Fleck verunziert ihren Lebenslauf: Im Dezember 2016 sprach sie ein Pariser Gericht schuldig, weil sie als Finanzministerin fahrlässig zur Veruntreuung französischer Staatsgelder in Höhe von 400 Millionen Euro beigetragen hatte. Das Gericht verzichtete in dem Fall um den Verkauf von Adidas durch den Geschäftsmann Bernard Tapie allerdings auf eine Strafe.

Wenn Lagarde im November für acht Jahre die EZB-Leitung von dem Italiener Mario Draghi übernimmt, ist sie die erste Chefin, die zuvor keine nationale Zentralbank leitete. Eine radikale Kehrtwende zu Draghis Geldpolitik ist nicht zu erwarten. In einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments machte sie deutlich, die ultralockere Zinspolitik ihres Vorgängers fortführen zu wollen.

EU-Parlament steht hinter Lagarde

Das Echo im Parlamentsausschuss auf Lagardes Auftritt war mehrheitlich positiv, auch weil sie eine stärkere Ausrichtung auf eine grüne Finanzpolitik sowie eine verständlichere Kommunikation der EZB-Politik in Aussicht stellte.

Am Dienstag sprach sich auch das Plenum des Parlaments in Straßburg mit deutlicher Mehrheit für Lagarde als EZB-Präsidentin aus. Die Abstimmung war zwar nicht bindend, sie galt jedoch als wichtiger Stimmungsmesser darüber, wie groß das Vertrauen in die Französin bei den EU-Abgeordneten tatsächlich ist.

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