Lässt aber prüfen

Bierlein hat Verständnis fürs Schreddern

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Die aktuelle Bundeskanzlerin will den Vorgang aber prüfen lassen.

Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein hat am Montag Verständnis dafür gezeigt, dass das Büro ihres Vorgängers vor dem Auszug Daten schreddern hat lassen. Angesichts der parlamentarischen Anfragen mehrerer Parteien hat die Regierungschefin aber umgehend eine Untersuchung einleiten lassen.
 
Video zum Thema: Bierlein lässt Schredder-Vorwürfe prüfen
 
Zur Vorgeschichte: Ein Mitarbeiter des damaligen Kanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) hatte zwischen Platzen der Koalition und erfolgreichem Misstrauensantrag gegen die Regierung eine Druckerfestplatte bei der Firma Reisswolf schreddern lassen. Allerdings hatte er nicht bezahlt und einen falschen Namen angegeben. Durch seine Telefonnummer kam die Polizei auf seine Spur und ermittelt nun im Auftrag der Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen möglicher Unterschlagung von Beweismitteln z. B. in der Ibiza-Affäre, wo die ÖVP aber kategorisch jeden Zusammenhang bestreitet.
 

Kurz spricht von  üblichem Vorgang

Kurz selbst, der sich gerade auf einer Reise durch das Silicon Valley befindet, kann am Verhalten seines Mitarbeiters, der mittlerweile in der ÖVP aktiv ist, nichts Anstößiges finden, von der nicht bezahlten Rechnung einmal abgesehen. Es würden bei einem Regierungswechsel "Laptops und Handys zurückgegeben und Druckerdaten gelöscht bzw. vernichtet", das sei ein üblicher Vorgang. Der frühere Kanzleramtsminister Gernot Blümel, aus dessen Büro ein Mitarbeiter offenbar über die Schredder-Aktion informiert war, sah die Maßnahme ebenfalls als völlig normal an. Er selbst habe das Büro von Altkanzler Christian Kern (SPÖ) übernommen und dieses sei wenig überraschend leer gewesen.
 
Eher entspannt scheint das Ganze auch Bierlein zu nehmen. "Die Löschung bestimmter sensibler, nicht dem Bundesarchivgesetz unterliegender Daten entspricht der üblichen Praxis bei Regierungswechseln", hieß es in einer kurzen schriftlichen Stellungnahme ihres Büros, in der auch die interne Evaluierung angekündigt wurde.
 
Einen weiteren Grund, warum Akten vor Ministerwechseln geschreddert werden, lieferte das Büro des früheren Innenministers Herbert Kickl (FPÖ), bei dessen Auszug aus der Herrengasse ein Wagen der Firma Reisswolf vor der Tür gesehen worden war: Es sei schließlich ein Gebot der Höflichkeit, die Räume in gebrauchsfähigem Zustand zu übergeben. Freilich: Vernichtet und entsorgt worden sei nur das, "was an nicht mehr gebrauchten Ausdrucken, Broschüren etc. in den Büros der Mitarbeiter lagerte". Alle Akten seien dem Staatsarchiv übermittelt worden.
 

SPÖ sieht "Vertuschungsaktion"

Gar nicht normal findet die SPÖ das Vorgehen des Kurz-Büros. Der stellvertretende Klubobmann Jörg Leichtfried sieht den klaren Verdacht eines Gesetzesverstoßes. Offen sei auch, ob Kurz oder seine engsten Vertrauten den Auftrag zu der "Vertuschungsaktion" gegeben hätten. NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper hatte schon am Sonntag bezweifelt, dass es sich um den Alleingang eines Mitarbeiters gehandelt habe.
 
Dass man den Beamten des Kanzleramts misstraut hat, zumindest wenn sie der SPÖ zugerechnet wurden, hat die ÖVP bereits am Wochenende als Motiv angegeben. Ein Fachmann erklärte dazu am Montag, dass technisch tatsächlich die Möglichkeit bestanden hätte, aus dem Drucker Informationen abzusaugen. Festplatten seien bei modernen Standdruckern Standard und die Daten ließen sich ohne viel Aufwand wiederherstellen, erklärte Otmar Lendl vom Computer Emergency Response Team Austria der APA. Wiederherstellen oder datenforensisch untersuchen, wie es etwa die Liste JETZT angeregt hatte, wird es wohl nicht spielen. Denn die Festplatte ist durch Zerreiben auf eine gesetzlich vorgegebene Partikelgröße reduziert worden, hieß es bei Reisswolf.
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