Das Kommentar-Duell

Wer trägt die Schuld am BVT-Chaos?

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Das Duell: ÖSTERREICH-Politik-Insiderin Isabelle Daniel gegen oe24.at- & oe24.TV-Chefredakteur Richard Schmitt. 

Isabelle Daniel: »»Kickls Rambo-Aktionen lösten Sicherheitsrisiko erst aus«

Wer trägt die Schuld am BVT-Chaos?
© oe24

In nur 17 Monaten legten Kickl und seine Mannen das BVT lahm. Desaster. "So eine Stimmung der Angst, so eine internationale Isolierung und so viele Sicherheitsrisiken wie nach 17 Monaten Herbert Kickl und seiner Mannen im Innenministerium gab es noch nie", resümiert ein langjähriger Verfassungsschützer das aktuelle Chaos im BVT. Ist alles nur die Schuld der Blauen? Nein. Der heimische Verfassungsschutz hätte schon lang reformiert und an internationale Maßstäbe angepasst gehört.

Blaue Kreml-Connection und absurde Razzien

Elefant. Was Kickl oder seine Vertrauten im Innenministerium und BVT - vor allem Ex-Innenministeriums-Generalsekretär Peter Goldgruber - aber danach anrichteten, löste einen echten Sicherheitsschaden für das ganze Land aus. Nach wenigen Wochen im Amt rief die blaue Truppe zum großen Halali gegen das eigene BVT. Aufgrund eines anonymen Dossiers wurden führende BVT-Beamte suspendiert und in Wildwest-Manier Hausdurchsuchungen angeordnet. Mit Wissen und aktiver Hilfe des Kabinetts Kickl.

Das Resultat: Die Razzien - von einem blauen Polizisten für Straßenbekämpfung (!) angeführt -wurden für unrechtmäßig erklärt. So gut wie alle Vorwürfe kollabierten. Die Folgen blieben aber: Sensible Akten -etwa auch von ausländischen Geheimdiensten - wurden sichergestellt und machten den Verfassungsschutz zur "Lachnummer und zum Sicherheitsrisiko" und isolierten ihn international. Der "Berner Club", der 2019 die Sicherheitsmängel im Cyber-Securitybereich feststellte, wollte bereits ab 2018 wegen der Kreml-Connection der FPÖ nicht mehr mit dem Verfassungsschutz kooperieren.

Enttarnte Ermittler und und ein Sicherheitsfiasko

Unheimlich. In Kickls Amtszeit schickte das lahmgelegte BVT auch sämtliche Personaldaten an das Parlament und enttarnte damit unbewusst ALLE verdeckten Ermittler im Extremismusbereich. Derzeit hat Österreich keinen einzigen (!) verdeckten Ermittler, der die Islamisten- oder Neonazi-Szene überwachen könnte. Ein Fiasko für unsere Sicherheit. Vor 2018 hätte man das BVT reformieren müssen und können. Jetzt muss man das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung völlig neu gründen. Dank der blauen Rambos.

Richard Schmitt: »Alte Parteipolitik und viele Fehler gefährden uns alle«

Richard Schmitt
© TZOe Artner
× Richard Schmitt

Die Geheimdienst-Krise bringt uns alle in Gefahr. Kickl hatte recht: Eine Reform ist überfällig.

Kriegsverbrecher. Im Juni 2015 half ein BVT-Team bei der Einschleusung eines syrischen Kriegsverbrechers nach Wien. Khaled H.(57) folterte Oppositionelle -und wurde trotzdem von Österreichs BVT monatelang an einer Tarnadresse verpf legt. Bis er nach Russland türmte.

Drei Fälle zeigen: Reform des BVT muss jetzt starten

Krimi. In dem wilden Krimi um eine Millionen-Erpressung gegen Red Bull in der Türkei schalteten sich plötzlich ÖVP-Politiker ein, die direkt in die Ermittlungen des BVT eingriffen. Sie ließen den BVT-Beamten als "Ober-Chefs" über den Kabinettschef im Innenministerium Anweisungen ausrichten.

Freunde. Der BV T-Abteilungsleiter für Spionage, ein Hauptbeschuldigter im BVT-Skandal, und Ex-ÖVP-Generalsekretär Werner Amon schickten sich 200 SMS. Auch Dienstliches wurde vom Parteifunktionär abgefragt. Amon fand nichts dabei.

Alarm. Die Krise im BVT bestätigte nun auch noch eine alarmierende Sicherheits-Analyse des "Berner Clubs", einer im Geheimen tagenden Verbindung aller Nachrichtendienste Europas: Heftige Sicherheitsmängel im IT-System des BVT sowie andere massive Probleme sorgen absolut nicht dafür, dass die Partner-Nachrichtendienste wie der MI5 oder der deutsche Verfassungsschutz wieder dem BVT vertrauen.

Peschorn bestätigt den BVT-Kurs von Kickl

Parteifilz. Auch wenn's nicht opportun ist: Herbert Kickl, der FPÖ-Innenminister, hatte recht. Das BVT muss reformiert werden, dringend. Der parteiunabhängige Innenminister Wolfgang Peschorn sieht das ebenso: Der (schwarz-rote) Parteifilz muss raus, die Führungsjobs müssen wieder nach Qualifikation und Leistung besetzt werden, nicht nach den Wünschen der Gewerkschafter.

Blitz-Maßnahmen ohne politische Amokläufe

Warnung. Ohne Rückgewinnung einer Seriosität im Nachrichtendienst-Business leben wir alle gefährlicher: Partner-Geheimdienste könnten in Zukunft nicht mehr alles, was sie wissen, nach Wien weitergeben. Allerdings: Hausdurchsuchungen im Geheimdienst und ähnliche politische Amokläufe helfen dabei sicher nicht.

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