Sprecher dementiert

Weiter Wirbel um Straches-Kosovo-Aussage

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Strache soll gesagt haben, dass der Kosovo "ein Teil Serbiens" sei – jetzt dementiert sein Sprecher Glier.

Eine Aussage von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zum Kosovo hat am Sonntag für Diskussionen gesorgt. Strache wurde von der Belgrader Tageszeitung "Politika" mit den Worten zitiert, dass der Kosovo "ein Teil Serbiens" sei. Sein Sprecher Martin Glier dementierte die Aussage später gegenüber der APA. "Politika" hatte das Zitat freilich sowohl als Aufmacher als auch im Interview abgedruckt.
 
Glier erklärte am Nachmittag gegenüber der APA, Strache habe das "in diesem Interview nicht" gesagt. Die Zeitung "Politika" zitierte Strache allerdings laut einer APA-Übersetzung aus dem Serbischen mit folgenden Worten: "Der Kosovo ist zweifelsohne ein Teil Serbiens. Wir haben die Anerkennung des Kosovo seitens Österreichs scharf kritisiert, dies (die Anerkennung, Anm.) ist nun eine Tatsache und kann nicht mehr geändert werden."
 

An Bundesregierungs-Linie wird sich nichts ändern

Strache-Sprecher Glier hielt fest, Österreich habe den Kosovo als eines der ersten Länder anerkannt und sei seit damals ein tatkräftiger Unterstützer des Kosovo. "Österreich unterstützt die europäische Perspektive sowohl Serbiens als auch des Kosovo. Das ist die Linie der Bundesregierung und daran wird sich nichts ändern". Ein Mitarbeiter des Vizekanzlers betonte, dass Strache damals als Oppositionschef die Unabhängigkeit des Kosovo kritisiert habe und nicht der gleichen Meinung wie die österreichische Regierung gewesen sei. Es sei aber "Faktum und Realität, dass der Kosovo unabhängig ist und dass Österreich den Kosovo anerkannt hat".
 
Den Nordkosovo betreffend sei Strache der Meinung, dass man einen Kompromiss finden müsse für die dortige serbische Minderheit - etwa mit einem Autonomiestatus nach dem Modell Südtirols. Österreich sollte als neutraler Vermittler fungieren und für den langfristigen Frieden am Balkan einen Beitrag dazu leisten, dass Belgrad und Pristina sich näher kommen. Im Interview sagte Strache laut APA-Übersetzung: "Ein solches Recht auf Selbstbestimmung oder Autonomie wäre auf jeden Fall wünschenswert. Dafür sind, leider, auf jeden Fall lange und komplizierte Verhandlungen notwendig. Ich habe das Gefühl, dass Prishtina in dieser Frage sehr rücksichtlos ist."
 

Kolpotierte Aussage wird scharf kritisiert

Die von "Politika" kolportierte Aussage des Vizekanzlers wurde von EU- und Oppositions-Politikern scharf kritisiert. Der ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament, Othmar Karas, sagte laut Aussendung, "diese neue Attacke gegen die Friedensordnung am Westbalkan" mache ihn "fassungslos und sprachlos". Wenn Strache bei seinem Besuch in Belgrad am Sonntag und Montag "offizielle Termine in seiner Funktion als Vizekanzler wahrnimmt, muss er die offizielle Linie Österreichs und die Politik der EU vertreten", so Karas.
 
Der europapolitische Sprecher der SPÖ, Jörg Leichtfried, teilte mit, Vizekanzler Strache werfe im Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo den europäischen Konsens über Bord. "Die EU unterstützt den Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo mit dem Ziel der Normalisierung der politischen Beziehungen. Deshalb hat die EU-Kommission Anfang Jänner Serbien auch eine Beitrittsperspektive für das Jahr 2025 gegeben. Klar ist dabei allerdings, dass es bei den entscheidenden Fragen wie der Grenzziehung vor einem etwaigen EU-Beitritt einer Lösung bedarf", erklärte Leichtfried. Eine einseitige Parteinahme konterkariere nun die Bemühungen der europäischen Außenpolitik. "Strache gießt in diesem Konflikt verantwortungslos Öl ins Feuer und hat offenbar vergessen, dass er Mitglied der österreichischen Bundesregierung ist".
 

Kritik aus den anderen Parteien

Auch NEOS-Europasprecherin Claudia Gamon kritisierte Strache: "Der Vizekanzler und seine Partei können nicht vom Zündeln am Balkan lassen. Dass Strache als Vizekanzler die Position der Republik in Frage stellt und eine Einigung zwischen Belgrad und Pristina hintertreibt, ist vollkommen inakzeptabel und befeuert den Konflikt zwischen den beiden Nachbarn", so Gamon. Die EU-Kommission habe klar gestellt, dass Serbien eine Lösung mit seinem Nachbar Kosovo finden müsse, bevor es Mitglied der Union werden kann.
 
Die Paneuropabewegung Österreich teilte in einer Aussendung mit, sie reagiere "mit fassungslosem Kopfschütteln" auf die Aussagen Straches, der "sichtlich manche Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit verschlafen" habe und "außenpolitisch nicht im hier und jetzt" lebe. "Die Unabhängigkeit der Republik Kosovo wurde von Österreich und weiteren 143 Staaten anerkannt" und sei "eine logische Konsequenz der Unterdrückung der albanischen Mehrheit in diesem Gebiet durch das diktatorische Regime des Slobodan Milosevic" gewesen, betonte Rainhard Kloucek, Generalsekretär der Paneuropabewegung Österreich, in der Aussendung. Laut der Bewegung können die Aussagen Straches nur als "Torpedierung der Friedensbemühungen" gedeutet werden.
 
Strache soll am Montag in Belgrad mit Ministerpräsidentin Ana Brnabic, dem Minister für Lokalverwaltung, Branko Ruzic, und Außenminister Ivica Dacic zusammentreffen. Ob auch ein Treffen mit Präsident Aleksandar Vucic stattfinden wird, war am Sonntag noch nicht klar. Der serbische Präsident wird am Montag zu einem zweitägigen Besuch in Kroatien erwartet. Vucic war Anfang Februar in Wien mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Bundespräsident Van der Bellen zusammengetroffen und hatte dabei seine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass sich Österreich im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes weiterhin für Serbien stark machen werde.
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