Er kontert: 'Was kümmert mich das 'Wörtliche'"

Nächster Skandal: Star-Autor Menasse erfand Zitate

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Der Wiener soll Walter Hallstein ein Zitat in den Mund gelegt haben, das er so nie gesagt hatte.

Erst vergangene Woche sorgte der Ex-"Spiegel"-Journalist Claas Relotius für einen Skandal, der die ganze Branche erschüttert. Wie herauskam, erfand der preisgekrönte Journalist ganze Passagen in seinen Reportagen. Zudem soll er auch noch Spendengelder veruntreut haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Jetzt berichtet "Die Welt" von einem nächsten Skandal. Der österreichische Star-Schriftsteller Robert Menasse soll Zitate erfunden haben.

So legte er dem Politiker Walter Hallstein, der als erster Kommissionsvoristzender der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (dem EU-Vorläufer) in die Geschichte einging, in einem Artikel in der "FAZ" ein Zitat in den Mund, das er so nie gesagt haben soll. "Die Abschaffung der Nation ist die europäische Idee", stand dort als Zitat Hallsteins geschrieben. Das hat der 1982 verstorbene Politiker aber nie gesagt.

Auf diesen Skandal angesprochen, reagiert Menasse gegenüber der "Welt" ein, dass es kein direktes wörtliches Zitat sei.
Hallstein habe mansches "nie so zugespitzt gesagt, man müsste lange Passagen zitieren, um diese Position ableiten zu können.

Einen Fehler seinerseits sieht der Wiener Europa-Experte aber nicht. Der Sinn, so betont Menasse, sei korrekt. "Was fehlt, ist das Geringste: das Wortwörtliche".

Viele sehen allerdings die Position Hallsteins in Menasses Zitaten nicht wiedergegeben. Für einen Dichter sei diese Zitierweise zulässig, allerdings nicht für einen Forscher oder Wissenschaftler. Menasse weiß zu kontern: "Was kümmert mich das 'Wörtliche', wenn es mir um den Sinn geht." Ein interessantes Detail: den erwähnten "FAZ"-Artikel schrieb Menasse gemeinsam mit der Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot.

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