Auf Wahlgrafik

Nazi-Eklat? "Tagesschau" färbt FPÖ braun ein

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Für den Wiener Landtagsabgeordneten Kohlbauer (FPÖ) eine 'unglaubliche Entgleisung'.

Aufgrund der Regierungskrise ist das österreichische Ergebnis der EU-Wahl auch für ausländische Beobachter interessant. "Sebastian Kurz (ÖVP) hat in Deutschland ein starkes Echo, das hatte er schon als Wahlkämpfer und als Bundeskanzler und das hat er jetzt auch durch die Ibiza-Affäre der FPÖ", sagte Stephan Löwenstein, Korrespondent der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", am Sonntag in Wien.

In Bezug auf das am Montag geplante Misstrauensvotum gegen Kurz seien daher auch die anderen EU-Länder gespannt. "Jetzt redet man von einer politischen Krise in Österreich, man weiß nicht, wie es morgen weitergeht", meinte die britische Politologin Melanie Sully im Haus der EU. Mit Österreich komme darum zu Italien und Großbritannien ein weiteres nicht stabiles Mitgliedsland hinzu. "Dass die FPÖ in der Regierung war, erregt schon Interesse und auch etwas Sorge für die Zukunft der EU", fuhr sie fort.

Dass die FPÖ trotz des Ibiza-Videos laut ersten Prognosen nur leichte Verluste hinnehmen muss, sorgt im Ausland für Staunen. "Man schaut sich sehr genau an, wie die FPÖ nach dem Ibiza-Video abschneidet. Man reibt sich schon die Augen nach dem heutigen Ergebnis, denn die Jetzt-erst-recht-Strategie ist aufgegangen", erklärte Hans-Peter Siebenhaar vom deutschen "Handelsblatt". "Das Ergebnis ist offensichtlich ein sehr stabiles für die FPÖ", erläuterte auch Sully, die sich fragt, was die Partei noch alles tun müsse, um zu verlieren.

Die deutsche "Tagesschau" berichtete ebenfalls über die Prognosen aus Österreich, allerdings sorgte diese Berichterstattung vor allem beim freiheitlichen Publikum für Kopfschütteln. Denn als die Tendenzen als Grafik präsentiert wurden, war der üblicherweise in Blau dargestellte Balken plötzlich braun eingefärbt. Für den Wiener Landtagsabgeordneten und Sprecher für europäische und internationale Angelegenheiten der FPÖ Wien, Leo Kohlbauer, ein Skandal. "Eine unglaubliche Entgleisung der 'Tagesschau' - in den Hochrechnungen wurde unsere Parteifarbe in braun (Farbe der NSDAP) geändert. Die Angriffe aus Deutschland auf unsere Demokratie reißen nicht ab!", wettert er.

 


 

ÖVP-Erfolg im Ausland bewundert

Gerade im Vergleich mit den herben Verlusten der deutschen Volksparteien CDU und SPD sei zudem der große Erfolg der ÖVP bemerkenswert. "In Deutschland sind Union und SPD in einem außergewöhnlichen Ausmaß abgestraft worden", sagte Siebenhaar. Man frage sich, wie Kurz es geschafft habe, im Nachbarland die ÖVP zu einem derartigen Erfolg bei der Europawahl zu führen.

"Ich glaube, dass in der CDU einige Sebastian Kurz als Vorbild und seine Richtung als nachahmenswert empfinden", so Löwenstein. Dieses Interesse beruhe sowohl auf Kurz' Auftreten als auch auf seine "strategische Ausrichtung". "Dummerweise ist in den letzten Tagen seine Richtung etwas undeutlich geworden und es kann sein, dass der glänzende Erfolg ihn dennoch die Macht kostet", fuhr er fort. "In der heutigen Politik zählen auch Persönlichkeiten sehr stark", fügte die ZDF-Korrespondentin Britta Hilpert hinzu. "Natürlich blickt man zu Sebastian Kurz, weil er das komplette Gegenteil von Angela Merkel darstellt, sodass er dadurch auch interessant wird."

Für Siebenhaar sollten sich die österreichischen Grünen mehr an der deutschen Schwesterpartei orientieren, die laut Prognosen enorme Zugewinne verbuchen konnte. "Ich glaube, die österreichischen Grünen können sich von den deutschen Grünen was abschauen, weil die es geschafft haben, aus der ökologischen linken Nische herauszukommen und breite Themen und damit auch eine breite Wählerschaft anzusprechen", erklärte er. Die Grünen seien in Deutschland von einer "Minderheitenpartei zur Volkspartei" avanciert.

Laut Hilpert kann man jedoch in Europa eine Wahlkampfstrategie eines Landes nicht auf ein anderes Land übertragen. "Das muss immer im Kontext der nationalen Politiker gesehen werden", sagte sie. "Österreich und Deutschland sind doch zwei komplett unterschiedliche Länder mit einer komplett unterschiedlichen Parteienstruktur. Der eine kann daher vom anderen auch nur wenig übernehmen", ist auch Siebenhaar überzeugt.
 

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