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Wiener Bürgermeister bei Fellner! LIVE

Ludwig: ''Über autofreie City entscheide ich''

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Bürgermeister Michael Ludwig im Talk mit ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.

Wolfgang Fellner: Wer ist schuld an den Straßenkrawallen in Favoriten?

Michael Ludwig: Krawalle sind aufs Schärfste abzulehnen. Eine radikale Minderheit darf das friedliche Zusammenleben nicht gefährden. Das hat keinen Platz in Wien.

Fellner: Sollen die Randalierer abgeschoben werden?

Ludwig: Die Polizei soll kon­sequent vorgehen. Waren das testosterongesteuerte Jugendliche, oder gibt es da einen politisch motivierten, gewalttätigen Hintergrund?

Fellner: Also abschieben?

Ludwig: Ich war der erste Politiker, der sich dafür einsetzte, dass einem IS-Kämpfer die Staatsbürgerschaft aberkannt wird – auch wenn das später vom Gericht leider aufge­hoben wurde. Also, in letzter Konsequenz: Ja.

Fellner: VP-Integrationsministerin Raab kritisiert Wien. Gibt es zu viele muslimische Kindergärten mit radikalen Vereinen im Hintergrund?

Ludwig: Gerade bei den Kindergärten sind wir sehr umfassend vorgegangen. Und ich erinnere daran, dass die Verbindungen von Vereinen zu radikalen Organisationen Angelegenheit des Innenministeriums sind. Wenn der Bund also konkrete Informationen hat, bitte sofort her damit.

Fellner: Was sagen Sie zur ­Vizebürgermeisterin als Demo-Teilnehmerin?

Ludwig: Es ist ihr Grundrecht. Das muss jeder Politiker für sich entscheiden.

Fellner: Für gescheit hielten Sie das aber nicht?

Ludwig: Von einer Teilnahme an so einer Demo würde ich persönlich Abstand nehmen.

Fellner: Wird Ihre Koalitionspartnerin nicht immer unbe­rechenbarer, etwa beim Solo in ­Sachen autofreie City?

Ludwig: Prinzipiell haben wir eine gut funktionierende Koalition. Aber je näher der Wahltag kommt, desto mehr schaut sie auf ihr eigenes politisches Profil. Das ist ja legitim.

Fellner: Aber es war doch eine Unverschämtheit, dass Sie von dem Projekt aus den Medien erfahren haben, oder?

Ludwig: Es sind zwar alle für eine intelligente Verkehrs­beruhigung in der Innenstadt, aber niemand konnte nachvollziehen, was daran eine autofreie City sein soll. Ich will Einvernehmen mit Anrainern, Kaufleuten und Gastronomen, um eine lebendige Innenstadt zu erhalten und den Verkehr zu beruhigen. Das hat die türkis-grün-pinke Koalition nicht erklären können.

Fellner: Was ist eine intelligente Lösung, und werden Sie als Bürgermeister die letzte Entscheidung treffen?

Ludwig: Eine intelligente Lösung ist, wenn das schritt­weise passiert. Ich werde jetzt das Begutachtungsverfahren abwarten – und dann gemäß der Stadtverfassung als Bürgermeister entscheiden. Und zwar werde ich das im Inter­esse aller Wienerinnen und Wiener tun, wie das immer mein Maßstab war.

Fellner: Wie kommt der Gastro-Gutschein an?

Ludwig: Der Gutschein war als Dankeschön an die Wienerinnen und Wiener gedacht – für ihre große Disziplin in der Coronakrise. Und er sollte der Gastronomie mit ihren 66.000 Beschäftigten rasch und un­bürokratisch helfen. Das Echo ist enorm: Schon 68.000 Gutscheine wurden eingelöst. Weil auch die ersten Überweisungen angekommen sind, können wir schnell und un­bürokratisch helfen.

Fellner: Sollte nicht auch die Bundesregierung auf direktere Hilfen setzen?

Ludwig: Wir arbeiten in Wien in einem überschaubaren Bereich, wo jeder übrigens auch weiter helfen kann: Ich spende meinen Gutschein dem Sozialmarkt des Arbeitersamariterbunds in Floridsdorf. Aber es stimmt: Es kommt darauf an, wo und wie schnell geholfen wird. Da höre ich, dass manches, was vom Bund versprochen wurde, nicht in der gewünschten Schnelligkeit und im gewünschten Ausmaß bei den Betrieben ankommt.

Fellner: In Wien sind fast alle Parteien schon im Wahlkampf. Wann starten Sie?

Ludwig: Ich bin überzeugt, dass die Wienerinnen und Wiener sich jetzt einen politikfreien Sommer verdient haben. Es ist völlig ausreichend, wenn man Anfang September in den Wahlkampf startet.

Fellner: Was ist Ihr prozentuelles Wahlziel?

Ludwig: Ich will an die sehr guten 39,5 Prozent der SPÖ vom letzten Mal herankommen. 37 bis 38 Prozent wie zuletzt in den Umfragen würden mich schon sehr positiv stimmen.

Fellner: Wird Rot-Grün weitergehen, wie das Birgit He­bein zuletzt sagte?

Ludwig: So hat sie das nicht gesagt. Ich denke immer noch, dass eine türkis-grün-pinke Koalition gegen die SPÖ kommen könnte, wenn sich das rechnerisch ausgeht. Die autofreie City hat es ja gezeigt. Außerdem habe ich großen Respekt vor den Wienerinnen und Wienern: Jetzt sind sie am Wort. Das Wahlergebnis wird uns die Richtung zeigen. Ich verstehe , dass alle nervös sind. Aber das wird nach der Wahl entschieden. Es gab ja auch viel Positives mit den Grünen, die eine ernsthafte Koalitionsoption sind, wenn sie sich konstruktiv einbringen.

Fellner: Gilt das auch für die ÖVP? Ihr Verhältnis zu WK-Chef Ruck ist ja ein besonderes …

Ludwig: Bei der ÖVP gilt, dass hier eine Reihe von Bundes­politikern mitspielen werden. Ich sage, dass Wien zu kostbar ist, um kurz für einen Wahlkampf vorbeizuschauen. Zu Walter Ruck habe ich seit über einem Jahrzehnt persönlich und politisch ein inniges Verhältnis. Mir sind alle Sozialpartner enorm wichtig, mit Walter Ruck kooperiere ich eng – zum Vorteil der Wienerinnen und Wiener. Ohne daraus Rückschlüsse auf eine ­Koalition zu ziehen: Seine Handschlagqualität schätze ich sehr.

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