Das sagt ÖSTERREICH

Wie man ein Mäuslein perfekt inszeniert

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Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.

Besser inszenieren, organisieren und vor allem präsentieren kann man eine Regierungsklausur von bestenfalls fünf Arbeitsstunden ganz sicher nicht -der Auftritt von Türkis-Blau gestern in Mauerbach war perfekt.

Die Regierung Kurz ist sicher die professionellste, die Österreich seit vielen Jahren hat. Es wird nicht gestritten, es werden jene Fragen gelöst, die die Österreicher laut Umfragen lösen wollen - und das Ganze wird mit einem Marketing versehen, wie es Red Bull nicht besser kann.

Hinter der brillanten Marketing-Fassade war diese Regierungs-Klausur eine kleine Enttäuschung: Vor allem die angekündigte "größte Steuerreform aller Zeiten" entpuppt sich vorerst als Mäuslein.

Den ersten Schritt dieser "Steuerreform" im Jahr 2020 werden nur Mini-Einkommensbezieher von weniger als 1.900 Euro spüren. Und auch für sie wird vorerst "nur" die Sozialversicherung gesenkt.

Jetzt soll man 350 Euro Cash im Jahr für die Ärmsten der Armen (darunter viele Alleinerzieherinnen) nicht kleinreden -aber die Leistungsträger mit Einkommen zwischen 2.000 und 4.000 Euro gehen wieder mal leer aus. Und ob sie vom zweiten Teil der Steuerreform bis 2022 profitieren werden, ist mehr als fraglich.

Der Kanzler hat diesen leisen Frust der Leistungs-Elite sofort gespürt -und gestern bei Fellner! LIVE bereits angekündigt, dass er als "Fleißaufgabe" jetzt bis 2022 auch noch die "kalte Progression" abschaffen will (wovon bei der Klausur noch nicht die Rede war). Das wäre dann wirklich eine Steuerreform, über die alle jubeln - wie über die 1.500 Euro Familien-Bonus pro Kind, die es in wenigen Tagen erstmals stückweise aufs Konto geben wird.

Die Regierung braucht beim Steuersenken einfach mehr Mut. Den Mut, den sie gestern bei der Einführung der Digitalsteuer bewiesen hat. Denn Google und Facebook endlich mal zum fairen Steuerzahlen zu zwingen, war höchste Zeit - und hat Signalwirkung für Europa. Bravo.

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