Pionierarbeiten bei Kastanies

Angst vor neuem Asylsturm: Griechen bauen 2. Grenzwall

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Arbeiten für einen verstärkten, zweiten Grenzwall bereits begonnen – Griechenland stockt auch Polizeikräfte auf.

Athen. Griechenland will wegen der Flüchtlinge an der Grenze zur Türkei seinen Grenzzaun ausbauen. Wie am Sonntag aus Regierungskreisen in Athen verlautet, soll der Zaun an drei Grenzabschnitten um 36 Kilometer verlängert werden. Auch der bereits bestehende Zaun solle verstärkt werden, sagte ein Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP. Derzeit werde bereits – zum Teil mit schwerem Gerät – am Ausbau des neuen Grenzwalls gearbeitet. Auf Twitter kursierten bereits erste Fotos von Pionierarbeiten bei Kastaniens.
 
Angst vor neuem Asylsturm: Griechen bauen 2. Grenzwall
© getty images
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Am Wochenende hatten sich die Spannungen an der Grenze verschärft. Die griechische Polizei setzte mehrfach Tränengas gegen Migranten ein, die versuchten, in der Grenzprovinz Edirne Zäune zu durchbrechen. Die Migranten warfen mit Steinen. Wie am Sonntag aus griechischen Polizeikreisen verlautete, bekam die Polizei an der Grenze in den vergangenen Tagen Verstärkung. Auch Drohnen und Polizeihunde wurden demnach an die Grenze geschickt.
 
Die türkischen Sicherheitskräfte setzten wiederholt Tränengas gegen die griechische Grenzpolizei ein. Athen hat der türkische Polizei zudem vorgeworfen, die Migranten mit Seitenschneidern zum Durchschneiden des Grenzzauns auszustatten. Die griechische Regierung veröffentlichte am Wochenende zudem Videoaufnahmen, auf denen ein türkisches Panzerfahrzeug zu sehen sein soll, das dabei hilft den Grenzzaun zu durchbrechen.
 
Die Türkei warf wiederum griechischen Sicherheitskräften vor, mindestens fünf Flüchtlinge getötet zu haben. Griechenland wies dies zurück.
 

Grenzzaun bereits stark zerstört

 
"Teile des Zauns wurden entfernt, sowohl mit dem Fahrzeug als auch mit Seitenschneidern", sagte der Polizist Elias Akidis im Sender Skai TV. Der Grenzzaun werde aber "ständig" repariert.
 
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Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hatte vergangene Woche nach einer Eskalation des Konflikts in der nordsyrischen Provinz Idlib die Grenzen zur EU für geöffnet erklärt. Dies sorgte für einen starken Flüchtlingsandrang an der türkisch-griechischen Grenze. Zehntausende Migranten versuchten, nach Griechenland und damit in die EU zu gelangen.
 
 

 

Von der Leyen: Grenzen bleiben zu

 
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Öffnung der griechisch-türkischen Grenze für Migranten klar abgelehnt. Die Grenzen "sind nicht offen und sie werden nicht geöffnet", sagte von der Leyen am Montag in Brüssel. Mit Blick auf ein Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Abend sagte sie, die EU stehe noch am Anfang eines neuen Dialoges mit Ankara.
 
Erdogan hatte Ende Februar nach der Eskalation der Lage in der nordsyrischen Provinz Idlib die Grenzen zur EU für geöffnet erklärt. Dies sorgte für einen starken Flüchtlingsandrang an der türkisch-griechischen Grenze. Die griechischen Behörden drängten die Menschen teilweise unter dem Einsatz von Tränengas zurück.
 
Die Vorkommnisse an der griechisch-türkischen Grenze seien "unerträglich", sagte von der Leyen. Es müsse sichergestellt werden, dass dies nicht erneut passiere. Die EU wirft der Türkei vor, die Flüchtlinge als Druckmittel zu missbrauchen. Die Türkei wiederum beschuldigt Brüssel, Zusagen aus dem Flüchtlingsabkommen von 2016 nicht einzuhalten.
 
Ankara hatte sich damals verpflichtet, alle auf den griechischen Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Die EU versprach im Gegenzug Milliardenhilfen für die Flüchtlingsversorgung in der Türkei, eine beschleunigte Visa-Erleichterung und die Modernisierung der Zollunion.
 
Erdogan sollte am Abend von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel treffen. "Wir werden einen positiveren Weg finden müssen, als es vergangene Woche der Fall war", sagte die CDU-Politikerin.
 

Deutschland will Kinder "innerhalb von Wochen" aufnehmen

 
Bis zu 1500 Kinder aus den Flüchtlingslagern auf den griechischen Ägäis-Inseln sollen in den kommenden Wochen in Deutschland und anderen europäischen Staaten (ohne Österreich) aufgenommen werden. Die Aufnahme dieser besonders schutzbedürftigen Minderjährigen sei "keine Frage von Monaten, sondern eher von Wochen", sagte ein Sprecher des deutschen Innenministeriums am Montag in Berlin.
 
Wie viele EU-Staaten mitmachen und wie viele der Kinder nach Deutschland gebracht werden, ist noch unklar. Der Sprecher des Innenministeriums erklärte: "Es haben erste Länder ihre Bereitschaft erklärt." Regierungssprecher Steffen Seibert betonte aber, "dass es leider nicht die Aussicht gibt", dass sich alle 27 Staaten beteiligen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte in Brüssel zu der geplanten Aufnahme der Kinder, es gebe positive Reaktionen auch aus Frankreich, Portugal, Luxemburg und Finnland. Die türkis-grüne Bundesregierung in Österreich lehnt eine Aufnahme schutzbedürftiger Kinder weiterhin ab.
 
SPD und Union hatten in der Nacht bei einem Treffen im Kanzleramt beschlossen, Griechenland solle bei der "schwierigen humanitären Lage von etwa 1000 bis 1500 Kindern auf den griechischen Inseln" unterstützt werden. Es gehe um Kinder, die schwer erkrankt oder unbegleitet und jünger als 14 Jahre sind, die meisten davon Mädchen. Auf europäischer Ebene werde derzeit verhandelt, um in einer "Koalition der Willigen" die Übernahme dieser Kinder zu organisieren. "In diesem Rahmen steht Deutschland bereit, einen angemessenen Anteil zu übernehmen", teilte die Koalition mit.
 
Außerdem betonten die Parteichefs die Notwendigkeit, in der umkämpften syrischen Provinz Idlib humanitäre Hilfe zu leisten. Dort waren nach dem Vorrücken der von Russland unterstützten syrischen Regierungstruppen fast eine Million Menschen vertrieben worden. Ob sie mit Hilfsgütern beliefert werden können, hängt allerdings auch davon ab, wie stabil die Waffenruhe ist, die Russland und die Türkei vereinbart haben.
 
Deutschlands Innenminister Horst Seehofer begrüßt die Einigung des Koalitionsausschusses. Er sehe sich in seiner Linie bestätigt, dass Ordnung und Begrenzung von Migration Voraussetzung für Humanität seien, sagte der CSU-Politiker. "Es geht hier um die Schwächsten, die sich zum Teil seit Monaten in einer prekären Lage befinden", fügte er hinzu. Er wolle sich weiter dafür einsetzen, "dass wir hier gemeinsam mit anderen EU-Staaten schnell zu einer tragfähigen europäischen Lösung kommen".
 
CSU-Chef Markus Söder nannte den Beschluss der Koalition eine "vernünftige humanitäre Entscheidung". "Wir helfen mit dieser einmaligen Aktion sehr kranken Mädchen. Auch Bayern wird da selbstverständlich anteilig seinen Beitrag leisten", sagte der bayerische Ministerpräsident der Deutschen Presse-Agentur in München.
 
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird am Montagnachmittag zu Gesprächen in Brüssel erwartet. Von der Leyen und EU-Ratschef Charles Michel dürften bei dem Treffen (18.00 Uhr) darauf dringen, dass die Türkei sich wieder an das gemeinsame Flüchtlingsabkommen von 2016 hält. Erdogan hatte am 29. Februar erklärt, die Grenze zur EU sei für Migranten offen. Tausende Menschen machten sich daraufhin auf den Weg Richtung EU.
 
Das Verhältnis beider Seiten ist seitdem äußerst angespannt. EU-Vertreter warfen Erdogan mehrfach vor, die Staatengemeinschaft erpressen zu wollen und Migranten dafür zu instrumentalisieren. Deutschlands Außenminister Heiko Maas knüpfte mögliche weitere Hilfsgelder für die Versorgung von Flüchtlingen in der Türkei an Bedingungen. "Wenn es bei der lebensnotwendigen humanitären Versorgung von Flüchtlingen Finanzierungslücken gibt - egal ob in der Türkei, in Idlib oder in Jordanien und Libanon - werden wir uns nie dem Gespräch verweigern", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
 
 
 
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