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Schock-Video

Hier betritt ein Attentäter eine der Kirchen

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Das Video eines News-Senders zeigt angeblich einen der Attentäter beim Betreten der St. Sebastian's Church in Katuwapitiya, Negombo.

Sri Lanka. Die verheerenden Anschläge auf Kirchen und Luxushotels am Ostersonntag in Sri Lanka haben weltweit Entsetzen ausgelöst. Alle sechs Angriffe wurden von Selbstmordattentätern verübt. Die Regierung machte am Montag eine einheimische Islamistengruppe für die Bluttaten mit fast 300 Toten verantwortlich.

Clip aufgetaucht. Die Aufnahmen sind unfassbar: Einer der Bomben-Attentäter ist beim Betreten der Kirche zu sehen – seelenruhig geht er an den Menschen vorbei, bevor er sich in die Luft jagt. Dabei berührte er vor seinem Anschlag sogar noch den Kopf eines Kindes, wie Überlebende gegenüber lokalen Medien berichten.  

Ein News-Sender aus Sri Lanka hat die Aufnahmen auf Youtube gestellt. Sie wollen den Attentäter der St. Sebastian's Church in Katuwapitiya, Negombo zeigen.

Die bisher unbekannten Islamisten der NTJ in Sri Lanka

Hinter der verheerenden Anschlagsserie in Sri Lanka steckt nach Regierungsangaben die weitgehend unbekannte Islamistengruppe National Thowheeth Jama'ath (NTJ). Bisher wurde die einheimische Gruppe vor allem im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Beschädigung buddhistischer Statuen in dem Inselstaat genannt.
 
Nun wird sie für den Tod von fast 300 Menschen in christlichen Kirchen und Touristenhotels am Ostersonntag verantwortlich gemacht. Regierung und Experten gehen davon aus, dass die NTJ über Verbindungen zum internationalen Terrorismus verfügen muss, um eine solch große, koordinierte Anschlagsserie verüben zu können.
 
Zum ersten Mal trat die NTJ im Dezember öffentlich in Erscheinung, als die Islamisten der Beschädigung buddhistischer Statuen im Bezirk Kegalle verdächtigt wurden. Der Fall sorgte für einen Aufschrei unter der mehrheitlich buddhistischen Bevölkerung Sri Lankas.
 
NTJ-Anführer Abdul Razik wurde bereits vor den Anschlägen mehrmals inhaftiert. Er wurde der Anstachelung zu religiösen Unruhen beschuldigt. Nach einem Vorfall im Jahr 2016 hatte der Chef der radikalen Buddhistengruppe BSS vor einem "Blutbad" gewarnt, sollte Razik nicht bald ins Gefängnis kommen.
 
Die mutmaßliche Zerstörung der Statuen im Dezember war ein weiteres Anzeichen für die Radikalisierung der NTJ. Im Januar entdeckten Sicherheitskräfte dann 100 Kilogramm hochexplosiven Sprengstoffs in der Nähe eines abgelegenen Wildparks. Zwar wurde keine spezifische Gruppe in diesem Zusammenhang genannt. Allerdings verkündeten die Behörden später die Festnahme von vier radikalen Muslimen.
 
In einem Schreiben vom 11. April an führende Sicherheitsvertreter hatte Sri Lankas Polizeichef vor Plänen der NTJ gewarnt, Selbstmordanschläge auf Kirchen sowie auf die indische Botschaft in Colombo zu verüben.

Polizei warnt Kirchenvertreter

Die Polizei richtete in der Folge offenbar Warnungen an Kirchenvertreter. Ein Pfarrer der Volkskirche in Colombo, der anonym bleiben wollte, sagte, die Polizei habe ihn zu erhöhter Wachsamkeit und Vorkehrungen wegen möglicher "Zwischenfälle" geraten.
 
Daraufhin seien die Sicherheitsmaßnahmen im Umfeld der Kirche verstärkt und etwa Autos kontrolliert worden. Da die Warnungen aber nicht besonders präzise gewesen seien, hätten einige Kirchen keine ausreichenden Vorkehrungen ergriffen.
 
Sri Lankas Regierung hält es inzwischen für unwahrscheinlich, dass die NTJ die Anschläge ohne Unterstützung von Islamisten aus dem Ausland durchführen konnte. "Wir glauben nicht, dass eine kleine Organisation in diesem Land all das alleine machen kann", sagte Regierungssprecher Rajitha Senaratne. Nach Angaben des Präsidialamts hatten Geheimdienste darauf hingewiesen, dass "internationale Terrorgruppen hinter einheimischen Terroristen" stehen.
 
Auch das Soufan Center in New York, das weltweite Sicherheitsbedrohungen analysiert, zieht Verbindungen zum internationalen Jihad. Die Anschläge in Sri Lanka wiesen alle "Markenzeichen" früherer Angriffe auf, bei denen lokale Islamisten aus dem Ausland unterstützt wurden. So habe das Terrornetzwerk Al-Kaida bei den Anschlägen in Indonesien zu Weihnachten im Jahr 2000 mit einer einheimischen Gruppe zusammengearbeitet.

Notstandsbestimmungen für Sicherheitskräfte 

Sri Lankas Regierung hat nach den Anschlägen vom Ostersonntag Notstandsbestimmungen angekündigt. Der Sicherheitsrat der Regierung habe beschlossen, dem Militär und der Polizei weitreichende Befugnisse zu erteilen, teilte das Büro des Staatspräsidenten Maithripala Sirisena am Montagabend (Ortszeit) mit.
 
Die Bestimmungen treten demnach um Mitternacht (20.30 Uhr MESZ) in der Nacht zum Dienstag in Kraft.
 
Während des Bürgerkriegs in Sri Lanka von 1983 bis 2009 hatten fast dauerhaft Notstandsbestimmungen für Armee und Polizei gegolten. So durften Sicherheitskräfte Wohnungen ohne Erlaubnis eines Gerichts durchsuchen. Sie konnten Verdächtige auf Anweisung des Verteidigungsministeriums drei Monate lang einsperren, ohne sie einem Richter vorzuführen.
 
Sirisena berief zudem ein dreiköpfiges Team ein, um die Serie von Selbstmordanschlägen vom Sonntag zu untersuchen, bei denen mindestens 290 Menschen ums Leben gekommen waren. Dem Team gehören ein Richter des Obersten Gerichtshofs sowie ein ehemaliger Polizeichef und ein Ex-Regierungsbeamter an. Sie sollen in zwei Wochen einen ersten Bericht vorlegen.
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