Deutsche Pressestimmen

Skikrieg: 'Österreich hat es schon einmal vergeigt'

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Die deutsche Presse legt sich fest: 'Du sollst nicht nach Österreich zum Skifahren.'

Deutsche Tageszeitungen kommentieren die Diskussion um eine mögliche EU-weite Schließung von Skigebieten aufgrund der Coronapandemie in ihren Freitagsausgaben wie folgt:
 

"Passauer Neue Presse":

 
"Auf der deutschen Corona-Landkarte leuchtet Bayern nicht weiß-blau, sondern tiefrot. Da gilt es zu handeln, nachzubessern und zu verschärfen. Doch wie viel Sinn macht es, hierzulande gleichermaßen harte wie teure Maßnahmen zu ergreifen, wie etwa die Schließung von Gastronomie oder Fitnessstudios, wenn es die Leute dann stattdessen beim Skifahren und Apres-Ski in Österreich munter krachen lassen? Bayern hat eine 7-Tage-Inzidenz von 170, Österreichs Skigebiete von mehr als 500. Die bayerische Quarantäne-Vorschrift für Tagestouristen macht da also durchaus Sinn, zumal es die Österreicher im Frühjahr in Ischgl schon mal vergeigt haben. Die Regel würde sich übrigens ganz leicht sprachlich einfach und präzise fassen lassen, so wie bei den zehn Geboten: Du sollst nicht nach Österreich zum Skifahren."
 

"Stuttgarter Zeitung":

 
"Gegen Individualsport an der frischen Luft ist selbst in pandemischen Zeiten eigentlich nichts einzuwenden. Das gilt auch für verschneite Hänge. Dennoch spräche vieles dafür, den Skitourismus erst einmal zu unterbinden. Das haben die Kanzlerin und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder im Sinn. Allein das Wedeln ist nicht mit Corona-Risiken verbunden, sehr wohl aber das Schlangestehen an den Liften, das Gedränge in Seilbahnkabinen. Dazu müssen noch nicht einmal Zustände wie in Ischgl herrschen. Welche Nebenwirkungen Spaß entfalten kann, sofern ihn allzu viele suchen, war im Sommer schon auf Spaniens Strandpromenaden zu besichtigen."
 

"Münchner Merkur":

 
"In seinem steten Bemühen, den Lockdown wieder härter als alle anderen zu zelebrieren, hat Bayerns Ministerpräsident Söder sich jetzt auf das Skifahren eingeschossen. Er will es, mit Merkels Hilfe, überall in den Alpen, vor allem in Österreich, verbieten lassen, ungeachtet funktionierender Hygienekonzepte der Bergbahnen. Aber ist der Kurzaufenthalt mit Maske im Lift wirklich gefährlicher als die dreiviertelstündige Fahrt in einer vollen Münchner S-Bahn, die die Staatsregierung offenbar für so risikolos hält, dass sie hier auf Maßnahmen verzichtet? Der Staat stellt die Welt der Gastronomen, Ladenbesitzer und Liftbetreiber per Federstrich auf den Kopf, doch in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich macht er weiter, als gäbe es kein Virus. Söder sollte sich nicht wundern, wenn manche da den Kopf schütteln.
 

"Süddeutsche Zeitung" (München):

 
"Österreich hat es sich selbst zuzuschreiben, dass es auch in Deutschland eine Debatte gibt, ob Skigebiete bis Mitte Jänner geschlossen bleiben müssen. Es gibt einen Ischgl-Reflex, denn dieser Ort steht für das erste Superspeader-Event der Pandemie, als sich das Virus von Tirol aus in Europa verbreitete. Ischgl steht für den Unwillen, die Ausbreitung einzudämmen. (...) Dass sich nun (Bundeskanzlerin, Anm.) Angela Merkel den Forderungen anschließt, europaweit Skigebiete zu schließen, verwundert nicht. (...) Eine europaweite Regelung zu finden, wird wegen der unterschiedlichen Interessenslagen schwierig: Was für Deutschland die Autoindustrie ist, das ist für Österreich der Tourismus."
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